Erkennst Du mich wieder?

Neben der Spur

Bilderkennung wird zur Commodity. Oder anders gesagt: Wenn meine Kamera nicht weiß, was ich da aufnehme, kann sie sich gleich weiter verkaufen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Bing (ja der eine oder andere erinnert sich daran, dass es ein Suchen außerhalb von Google gibt, gerüchteweise) hat ein nettes kleines Feature bekommen, wenn man die Suchmaschine von Microsoft auf einem iPhone nutzt: Sobald man innerhalb der Bing App ein Foto schießt, präsentiert sie ähnliche Bilder zu dem aufgenommenen. Gut, wir hoffen bei solchen Features immer, dass die Alltagskomik weitestgehend ausgeschlossen werden kann.

Nichts ist ja schliesslich peinlicher als stolz ein Bild von seiner Liebsten zu schnappschussen, es ihr mit den Worten "schau mal wie schön Du aussiehst" vor die Augen zu halten, und dann tauchen da Aufnahmen von einem Braunbär (weiblich), auf. Vermutlich kann man "Braunbär" aber in den Präferenzen abschalten. Dann wäre ja alles gut.

Schließlich soll ja "Project Oxford" Developern helfen, intelligente Software zu bauen, die mit der Hilfe von Bilderkennung noch intelligenter wird. Gut, richtig intelligent wäre zum Beispiel die Bing App dann, wenn sie beim Schnappschuss einer Frau in den mittleren Dreißig automatisch Bilder von schönen Prinzessinnen oder meinetwegen von drei bis vier Einhörnern im Morgentau auflisten würde. Gäbe es dann ein Belohnungssystem für Apps, würde Bing vermutlich von den Smartphone-Besitzern eine Extraportion Batterie zugeteilt bekommen. Aber bisher sind solche klugen Algorithmen nicht als Code oder gar als API verfügbar. So muss man dann eben als Nutzer doch noch ein wenig mit eingreifen und überlegen, was da eben geknipst wurde...und womit man es vergleichen könnte.

Schließlich soll Bilderkennung zum großen Businessbooster werden. Wer da mitreden will, der sollte vielleicht die LDV Capital besuchen, auf der diese Trends beschrieben werden. Denn angeblich soll ja Image Recognition der große Trend für vertikale und horizontale Businessanwendungen werden. Also auf gut Deutsch: Wir wissen zwar nicht, wozu man den Kram wirklich brauchen kann, aber in nicht zu weit entfernter Zukunft basiert die halbe Weltwirtschaft darauf.

Dann werden wir bald unsere beste Ehefrau fotografieren, Bing wird ihr zur Beruhigung die Einhörner zeigen, und wir bekommen beunruhigendes Bildmaterial zugespielt:

  • Bilder von Babybettchen (wir sollten sie doch mal fragen, wo ihr unglaublicher Appetit seit ein paar Wochen herkommt
  • das Porträt des Briefträgers (merkwürdig)
  • die schönsten Hochzeitskirchen der Welt (kleiner digitaler Zaunpfahlwink)
  • das Bild der zukünftigen Schwiegereltern (oha)
  • Zwölf Darstellungen von einem Baseballschläger (vermutlich sind die Schwiegereltern keine Profisportler)