FDP auf einmal doch für eine Ampel in NRW bereit

Was bislang ausgeschlossen wurde, wird angesichts des Bedeutungsverlustes der Liberalen auf einmal doch möglich

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Der nordrhein-westfälische FDP-Chef Pinkwart war sich gestern noch ganz sicher, dass die FDP keine Koalition mit SPD und Grüne bilden werde: "Wir haben vor der Wahl gesagt, dass wir nicht bereit sind mit einer Partei zu koalieren, die mit extremistischen Parteien zusammen arbeiten will“, sagte er noch gestern. Heute noch sagte FDP-Landtagsfraktionschef Gerhard Papke der WAZ: "Die FDP wird ihre Glaubwürdigkeit nicht für den reinen Machterhalt aufs Spiel setzen. Auch wenn SPD und Grüne ihr Interesse an einer Zusammenarbeit bekunden – wir bleiben bei unserer vor der Wahl einstimmig beschlossenen Absage an eine Ampel."

Da aber FDP-Chef Westerwelle sich gestern schon nicht mehr festlegen wollte und führende FDP-Politiker aus NRW nun der CDU und Rüttgers die Schuld an der Wahlschlappe zuschieben wollen, weil die CDU sich nicht auf eine Koalition mit der FDP festlegte und Rüttgers vom gemeinsamen Regierungsmotto "Privat vor Staat" abrückte, will Pinkwart nun doch wieder liberaler werden. Allerdings müssten zur Aufnahme von Koalitionsgesprächen SPD und Grüne einen "klaren Beschluss" fällen, nach dem eine Koalition mit "extremistischen Parteien" wie der Linken ausgeschlossen werde, sagte FDP-Bundesvize Pinkwart nun am Dienstag.

Wie weit die FDP mit ihren Kapriolen und Sturheiten sich in Berlin zuletzt selbst als extremistisch erwiesen hat, sei einmal dahin gestellt. Interessant ist nun doch, wie man allmählich zum Machterhalt doch eben die Glaubwürdigkeit aufs Spiel zu setzen bereit ist, die man durch das unbeirrte Festhalten an Steuersenkungen und ähnlichen Forderungen unbeding wahren wollte. Aber nachdem Steuersenkungen durch ein Machtwort der Kanzlerin für die nächste Zeit tabu sind und die FDP in Berlin Angst haben muss, erheblich an Einfluss zu verlieren, scheint man nun in NRW doch zu versuchen, noch einen Rest an Macht im Land und in Berlin durch eine bislang ausgeschlossene Ampelkoalition retten zu wollen.

Die Frage ist nur, wie inhaltlich SPD, Grüne und Liberale zueinander finden sollten. Die inhaltliche Nähe von SPD und Grünen zu der Linken ist weitaus höher, auch wenn man in beiden Parteien eher vor Rot-Rot-Grün zurückschreckt. Man dürfte aber wohl auch weniger Schwierigkeiten mit der Linken haben als mit der FDP, die ideologisch mindestens so verbohrt ist wie die Linkspartei und zudem mit der Regierungskoalition in Berlin punkten könnte. Im Unterschied zur Hessenwahl 2008 haben sich die Aufgeregtheiten um eine Koalition mit der Linken deutlich beruhigt. Der große Skandal wäre es wohl nicht mehr, aber vielleicht ließen sich doch unangenehme Debatten mit einer Ampel umgehen. Wirklich leisten könnte es sich die SPD jetzt wohl nicht mehr, auch zu günstigen Bedingungen mit Kraft als Minsiterpräsidentin eine große Koalition zu bilden.