FDP wieder bei 5 Prozent

Miserable Umfrageergebnisse für die Regierung. Ist Schwarz-Gelb noch zu retten?

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Alle Streitfragen sind vertagt. Über die Laufzeiten-Verlängerung der Atomkraftwerke, die Gesundheitsreform und Steuerfragen wird erst nach der Bundespräsidentenwahl entschieden, hieß es gestern nach der Sitzung des Koalitionsauschusses. Die Regierung braucht eine Pause in diesem Jammersommer. Dass die Wahl des neuen Bundespräsidenten, üblicherweise eine Routine-Prozedur, der nicht viel Bedeutung beigemessen wird, damit als wichtiges Datum herausgestrichen wird, ist bemerkenswert.

An der Wulff-Wahl hängt viel, mehr als der Austausch von Porträtfotos in Amts- und Repräsentationsstuben. Die Koalition steht unter Druck, sie muss Geschlossenheit beweisen, darf nicht ein weiteres Mal in der Öffentlichkeit brüskiert werden, weil sie mit ihrer Entscheidung wieder daneben liegt und dem schlechteren Kandidaten den Vorzug gibt - und zwar aus Gründen der Partei-, nicht aber der Staatsräson. Hustet Wulff nach der Wahl, ist die Regierung eine Lazarettstation. Siegt er, ist zumindest das Klassenziel geschafft.

Umfragen stellen der Regierung miserable Zeugnisse aus. Ob es "Top-Entscheider" aus der Wirtschaft sind, "533 repräsentativ ausgewählte Führungsspitzen", die ihre Führungsmaßstäbe an die Arbeit der Regierung anlegen und sich, obwohl Anhänger von CDU und FDP, laut Allensbach zu 92 Prozent mit der Koalition "unzufrieden" zeigen. Oder oder ob es repräsentativ ausgewählte "Normalbürger" sind, die sich zu 86 Prozent gegenüber dem ARD-DeutschlandTrendextra "unzufrieden mit der Arbeit von Schwarz-Gelb" erklärten - die Planlosigkeit, das Gezänk der Machtfilialen, das dauernde Herumlavieren in wichtigen Fragen (Steuererhöhungen, Gesundheit, Banken, Atomkraft, soziale Gerechtigkeit) wird von der öffentlichen Meinung augenscheinlich als Unfähigkeit verstanden.

Besonders erwischt hat es die FDP, die sich laut der Sonntagsfrage des ARD-DeutschlandTrend extra wieder auf das unsichere 5-Prozent-Terrain zurück orientiert:

"In der Sonntagsfrage (..) verliert die FDP gegenüber der Vorwoche einen Punkt und kommt nur noch auf fünf Prozent. Dies ist der schlechteste Wert für die FDP im ARD-DeutschlandTrend seit Oktober 2003"

Konnte ein ähnlicher Umfragewert vor Wochen (siehe FDP auf dem Weg zur 5 Prozent-Partei) von treuen Anhängern noch als Ausreisser abgetan werden, als irgendwie polemisch, als tagesaktueller Affekt auf Westerwelles Diskussionsbeiträge zum leistungsgerechten Staat, so sieht es derzeit eher nach einem anhaltenden Abwärtstrend aus, selbst wenn die schrille Stimme des Vorsitzenden nur mehr in geschlossenen Räumen ertönt. Die FDP-Bundesgeschäftsstelle müsse schnell zur Krisenreaktionszentrale umgebaut werden, rät die FAZ. Man darf gespannt sein, wie sehr die von Merkels Alleinregierung gekränkte FDP darauf bedacht ist, ihre Eigenständigkeit bei der Präsidentenwahl zu demonstrieren.

Oder ob die FDP-Fraktionsvorsitzende Homburger darauf zählen kann, dass es eine "große Mehrheit" für Wulff geben werde, wovon sie überzeugt sei. Nachdem die FDP ihre große Überzeugung - Steuererleichterungen - beiseite legen muss, bleibt nur mehr kleine politische Prosa. Geschlossenheit bei der Abstimmung zum Bundespräsidenten. Das kann doch jeder?