Frankreich verbietet Prostitution und Spanien legalisiert Zuhälterei

Der konservativen Regierung mit engen Verbindungen zur katholischen Kirche wird vorgeworfen, Zuhälterei in Spanien zu legalisieren

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Die oppositionellen Sozialisten (PSOE) in Spanien werfen dem konservativen Justizminister vor, die Zuhälterei zu legalisieren. Deutschland debattiert über die Verschärfung des Prostitutionsgesetzes und Frankreich bestraft nun auch Freier, wenn sie Dienste von Prostituierten in Anspruch nehmen.

In Spanien ist Prostitution legal, weil sie schlicht nicht verboten ist. Verboten ist aber Zuhälterei. Die sozialistische Abgeordnete Ángeles Álvarez hat nun im Parlament der konservativen Volkspartei (PP) vorgeworfen, in der Strafrechtsreform von Justizminister Alberto Ruiz-Gallardón werde ausgerechnet die Bestrafung von Zuhälterei aufgeweicht.

Auffällig ist, dass Veränderungen an Artikel 187 der Reform erst so spät in den Gesetzesentwurf eingebaut wurden, dass sie vom Staatsrat nicht beurteilt werden konnten, der Gesetzesvorhaben prüft und bisweilen hart kritisiert. Nun heißt es in dem Entwurf, Zuhälterei werde mit "bis zu vier Jahren Haft" bestraft, wenn "Gewalt, Bedrohung oder Betrug" zum Einsatz komme, die Bedingungen "missbräuchlich" oder "ausbeuterisch" seien, eine "Überlegenheit" bestehe oder die "Not oder Abhängigkeit" des Opfers ausgenutzt werde.

Wie die Parlamentarierin fragt auch die Organisation von Frauen in der Justiz (Themis) warum plötzlich diese Einschränkungen gemacht werden. Seit wann übten Zuhälter keinen Zwang aus, kritisiert Themis, und wer entscheide, ob eine Person eine "reale oder akzeptable Alternative" habe, als sich zu prostituieren, ob sie "ökonomisch und persönlich abhängig" sei und ab welcher Anzahl von Sexdienstleistungen ein Missbrauch vorliege? Die Juristin Ángela Alemany meint: "Das ist sehr schwer nachzuweisen." Die Konsequenz daraus sei, dass in den Fällen, wo die Nachweise nicht geführt werden können, alles straffrei für diejenigen bleibe, "die einen Gewinn daraus ziehen, dass andere ihren Körper verkaufen".

Nachdem die Abgeordnete Álvarez auf die durch die Hintertür eingefügten Veränderungen aufmerksam gemacht hat, versuchte sich das Justizministerium in einer Stellungnahme zu rechtfertigen. Man wolle die Bestrafung der Zuhälterei vor allem dann erleichtern, wenn die Opfer den Missbrauch nicht anzeigten. Das erschwere bisher die Verfolgung, weshalb die Änderung von der Polizei gefordert worden sei, behauptet das Ministerium. Doch wie der Nachweis in diesem Fällen geführt werden soll, wo es keine Zusammenarbeit mit dem Opfer gibt, bleibt offen. Die Kritiker behaupten, dass es in Zukunft nicht mehr zur Bestrafung reiche, wenn wie bisher der Nachweis geführt werden kann, dass Prostituierte Geld an einen Zuhälter abgeben.

Entgegenkommen für das geplante Zockerparadies Eurovegas?

Die Sozialistin Álvarez ist "überzeugt", dass es sich um ein neues Entgegenkommen handelt, damit im geplanten Zocker-Paradies "Eurovegas" bei Madrid auch über Prostitution in großem Stil verdient werden kann. Die "Las Vegas Sands Corporation" von US Milliardär Sheldon Adelson will am Rand der spanischen Hauptstadt eine Glücksspiel und Freizeitstadt bauen. Wo nun in Alcorcón Ruinen an die 2007 geplatzte Immobilienblase erinnern, sollen angeblich 17 Milliarden Euro verbaut werden. In sechs Glücksspieltempeln sollen 18.000 Spielautomaten betrieben werden und zwölf Hotelhochhäuser mit 36.000 Betten entstehen.

Doch der Casinomagnat Adelson hat das mit harten Auflagen verbunden. Unter anderem soll das in Spanien geltende Rauchverbot in Eurovegas aufgehoben werden. Die Regionalregierung Madrid hat zudem schon ein "Lex Eurovegas" verabschiedet. Wie gefordert, wurden Steuern um bis zu 95% gesenkt. Das gilt genauso für die Eintragungssteuer, für die Bausteuer und die Grundsteuer. Vergünstigungen soll es sogar bei der Spielsteuer und anderen Steuern geben. Nachlässe sind sogar bei den Sozialabgaben für die Beschäftigten geplant und Tarifverträge sollen in dem "Entwicklungszentrum" nicht gelten, unter dem Eurovegas geführt wird. Die konservative PP, die sonst mit der katholischen Kirche eng verbunden ist, wird in dieser Frage hart von der Bischofskonferenz angegriffen, die von einem "Sündenreich" spricht. Es ist erstaunlich, wie eine Regierung agiert, in der sogar mehrere Minister bekennende Mitglieder der fundamentalistischen Vatikansekte Opus Dei sind.

Für die Sozialistin Álvarez ist es kein Zufall, dass nun auch der Weg für legale Zuhälterei freigemacht werde, um die Geschäfte der Mafias ansehnlicher zu machen. Dass gleichzeitig Prostituierte über andere Gesetze von der Straße vertrieben werden sollen, sei die andere Seite der gleichen Medaille. "Große Bordelle werden legalisiert, die Prostitution und mit ihr das kaserniert, was sozial unbequem ist", sagte Álvarez.

Dass sich mafiaähnliche Strukturen ausbreiten und auch Geldwäsche in Madrid Tür und Tor geöffnet würden, kritisierte auch US-Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz. Im Casino Umfeld mache sich Korruption besonders breit und Spanien setze auf das Modell, das in die tiefe Krise geführt habe. "Es ist ein Fehler, wenn eine Gesellschaft mehr auf Spiel als auf produktiver Aktivität basiert", sagte Stiglitz. Er sieht sich in seiner Kritik darin bestärkt, dass gegen Adelson in Las Vegas und in Macao wegen Geldwäsche und Korruption ermittelt wird.