Fremdreden im Internet

Neben der Spur

Omegle versucht das Überraschungsmoment in den digitalen Kontakt mit anderen Menschen zurück zu bringen.

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In absoluten Zahlen scheint inzwischen Hinz und Kunz bei Facebook zu finden zu sein. Allerdings spricht Hinz ausschliesslich mit Kunz. Aber er will nicht mit den Hempels unter ihr Sofa kucken. Freundschaften und Conections sind der grosse Plan für Social Networks und überbetonen einen Aspekt des Netzes. Jeder Nutzer kann sich mit seinen Bekannten verbinden, kann Bekanntes austauschen oder bisher Unbekanntes fragen. Allerdings hat das eine gewisse Redundanz und wird auch schnell eingefahren. Er könnte es auch mit Fremden tun. Aber in Facebook und Xing mit Unbekannten ins Gespräch zu kommen ist so einfach wie in einer S-Bahn. Zwar sind alle in der Öffentlichkeit anzufinden, aber nicht jeder möchte sprechen.

Der 18-jährige Leif K-Brooks hat nun als kleine Hausarbeit Omegle entwickelt, bei dem das Gespräch mit Fremden der ausschliessliche Zweck ist. Speed-Conversation im Internet, denn nach spätestens 20 Minuten ändert sich die Zuordnungsmatrix, und man wird mit einem anderen Menschen in Kontakt gebracht. Das bricht mit den Gewohnheiten. Die Chats sind anonym. Also sind alle Varianten vom modernen Beichtstuhl über die herkömmlichen Stöhnangriffe via Web bis hin zu Werbung denkbar. Bisher ist der Service eher klein. Zirka 150.000 Pageviews konnte er letzten Monat verzeichnen. Aber das Wachstumspotential ist enorm. Die Idee Menschen durch den Zufall zu verbinden hat zwei spannende Aspekte. Zum einen spielt das Überraschungsmoment gegen alle Strategien gezielt Menschen über die Plattform zu erreichen. Allerdings dürften auch Werbeeinnahmen etwas schwierig werden, denn eine klare Zielgruppe für eingeblendete Banner lässt sich so nicht genau bestimmen.