Gabun macht die Grenzen dicht

Präsident Bongo ist tot

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Es ist schon etwas erstaunlich, wenn nach dem Tod eines Staatsoberhaupts alle Landesgrenzen, "in der Luft, zu Wasser und am Boden", geschlossen werden, unbefristet. Das wird aber schon etwas weniger erstaunlich, wenn man erfährt, dass es sich um eine Reaktion des Verteidigungsministeriums eines zentralafrikanisches Landes handelt. Etwas erstaunlicher wird die Nachricht aber wiederum dadurch, dass es sich bei dem verstorbenen Staatsoberhaupt um Omar Bongo Ondimba, dem Präsidenten von Gabun, handelt, und Meldungen von dessen Ableben in einem Krankenhaus in Barcelona erst gestern auf allen internationalen Kanälen dementiert wurden (welche innenpolitische Ziele von wem in Gabun mit den vorab gestreuten Gerüchten vom Tod Bongos verfolgt wurden, bleibt noch zu erhellen).

Mehr als 40 Jahre lang war Bongo Ondimba, der lange Zeit den Vornamen Albert-Bernard führte, der mächtigste Mann des Öl-Emirats Gabun an der Atlantikküste Zentralafrikas, ohne Staatsstreich, das ist ein erstaunlicher Rekord, wie die französische Zeitung Libération berichtet. Der mit 73 Jahren verstorbene "Bongo", wie er in allen franzöischen Zeitungen genannt wird, war Frankreich sehr eng verbunden, wie man auch der langen Reihe der Trauerbekundungen entnehmen kann, in der kein prominenter Politiker fehlt, in die nur in einzelnen Ausnahmefällen annähernd kritische Untertöne beigemengt sind: Von Präsident Sarkozy, über Außenminister Kouchner, bis hin zum früheren Président de la République Jaques Chirac gibt sich laut Nouvel Observateur ganz Frankreich die Ehre einen "guten alten weisen Freund" zu verabschieden (ergänzt durch internationale Staatoberhäupter wie Barack Obama und Hugo Chavez).

Einzig die politische Mitstreiterin des Europawahlgewinners Daniel Cohn-Bendit, Eva Joly, das norwegische Ex-Au-Pair in Paris, das in Frankreich Karriere als Untersuchungsrichterin im Finanzministerium und schließlich als Anti-Korruptionskoryphäe machte, war dem Verblichenen offensichtlich nicht ganz grün und spielte auf eventuelle Unsauberheiten der Regierung Bongos an, die zum Ergebnis haben, dass im rohstoffreichen Gabun eine verarmte Bevölkerung lebt. Das trug ihr denn auch vom staatstragenden Figaro notwendigerweise eine Rüge ein: derlei "Denunziationen", wie der Hinweis auf die hohe Kindersterblichkeit in Gabun, werden beim Tod des engen Freundes, des Doyens und der "tragenden Säule" von Françafrique nicht gerne gehört.

Bongo galt als eifriger Diener der postkolonialistischen Konzepts Françafrique, der auch die feinsten Verästelungen des politischen Systems in Frankreichs kannte und dies sehr gut auszunutzen wusste, indem er sich Netze in Paris schuf, auf der linken wie auf der rechten Seite, die ihm verpflichtet waren.

Für Frankreichs Afrikapolitik dürfte das Ableben Bongos einige Implikationen haben und die Irritationen bereichern, für die Sarkozy ohnehin sorgt - wie immer im großen Stil: mit der im Sommer 2007 erfolgten Ankündigung einer konzeptionell völlig neuen Politik - Nach der "Françafrique" kommt jetzt "Sarkafrique" - und der bald daraufhin erfolgten Rückkehr zu alten realpolitisch bewährten Modellen.

Gabun könnte mit der Lösung der Nachfolge Bongos allerdings die weitaus größeren Irritationen bevorstehen. Nicht untypisch für Machthaber, die jahrzehntelang alles beherrschen und keine Konkurrenz dulden, hinterläßt der verstorbene Staatschef ein Machtvakuum, ein glaubwürdiger Nachfolger fehlt. Formel müsste der Präsident des gabunischen Senats nun als Interimspräsident fungieren und eine Wahl innerhalb von 45 Tagen ansetzen. Wenig erstaunlich ist, dass die Familie Omar Bongo Ondimbas in der Nachfolgefrage ein Wörtchen mitreden wird. Es heißt, dass seiner Tochter Pascaline, die dem Kabinett des Präsidenten vorsteht, einige Aussichten auf das höchste Amt eingeräumt werden.