Gendering erreicht die Energiewirtschaft

Als gäbe es keine wichtigeren Herausforderungen in der Energieversorgung ...

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Energie war immer schon weiblich - und es ist nicht bekannt, dass sich Männer dadurch benachteiligt fühlten. In Europa im Allgemeinen (und in der schwäbischen Weltstadt im Besonderen) will man nun Frauen einen besonderen Zugang zu Energiethemen verschaffen und technische Berufe für Frauen interessanter machen.

Ende 2012 wurde daher mit Unterstützung des Baden-Württembergischen Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst das europäische Frauennetzwerk "European Network of Women for Innovative Energy Solutions" (Women4Energy Network) gegründet. Da man glaubt, dass Frauen per se "nachhaltig" denken, sei es naheliegend, sich in dem auf Nachhaltigkeit auszurichtenden Energiesektor speziell unter Frauen zu vernetzen.

Ein Jahr nach der Gründung hatte man dann wiederum im Stuttgarter Haus der Wirtschaft zu einer internationalen Konferenz mit dem eindeutigen Titel "women4energy" geladen (zu der Männer als Zuhörende zwar eingeladen, mit einer Quote von etwa 10% jedoch deutlich in der Minderheit waren). Wer jetzt gehofft hatte, bei der Konferenz ein wenig mehr Farbenfreude anzutreffen, als das auf männerdominierten Veranstaltungen übliche graue bis dunkle Tuch, musste sich eines Besseren belehren lassen. Die Mehrheit hatte sich im dunkelgrauen Business-Kostüm oder Hosenanzug in das übliche farblose Einerlei eingereiht.

Ganz offensichtlich haben Frauen noch nicht in allen Bereichen der Energiewirtschaft Fuß gefasst. So fand sich zwar eine Präsentation zu nachhaltiger Kernkraft (und natürlich mehrere zu den Themen Erneuerbare und intelligente Gebäude), aber keinerlei Beitrag zu "Clean Coal". Auch die Themen Smart Grid und Stromspeicher stießen zwar nur auf geringes allgemeines Interesse, zeigten jedoch, dass das Thema Smart Metering in anderen EU-Staaten deutlich entspannter als in Deutschland gesehen wird und die Zähler-Fernauslesung weitgehend akzeptiert scheint. In Dänemark, dem Land mit den meisten Smart-Meter-Pilotprojekten in Europa hat man offensichtlich keine Angst vor der NSA-Box im Smart Meter und wagt sich inzwischen wohl unter dem Stichwort "Gamification" daran, das Thema Stromsparen in Form eines Stromsparwettbewerbs zwischen Nachbarn in der gleichen Gemeinde auszubauen.

Nur Frauen für Vorträge anzusprechen mag politisch gewollt sein - dem Thema Energie nützt es jedoch weniger. Der deutlichste Unterschied zu den üblichen "Männer-Konferenzen" ließ sich beim Catering feststellen: Obwohl qualitativ durchaus ansprechend, fand es nur schwachen Zuspruch und der süße Nachtisch stieß auf extrem geringes Interesse. Kalorienbomben kurz vor Weihnachten hielten die offensichtlich linienbetonten Teilnehmerinnen abstinent.