Großbritannien droht mit "robuster Antwort"

Nach der Erstürmung britischer Botschaftseinrichtungen in Teheran dreht sich die Konfliktschraube im Kalten Krieg zwischen westlichen Ländern und Iran weiter

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der britische Außenminister William Hague droht mit "schwerwiegenden Konsequenzen". Aber welche das sein könnten, sagte er nicht. Klar ist für ihn, dass die iranische Regierung die Verantwortung trägt für den gestrigen Sturm auf die britische Botschaft und auf ein davon entferntes Grundstück, das früher die Sommerresidenz des britischen Botschafters war. Quellen aus dem britischen Außenministerium gaben dem Guardian gegenüber an, dass die Antwort "klar und robust" ausfallen würden.

Wie wird die Antwort lauten? Den Botschafter zurückziehen? Der Entschluss des iranischen Parlaments vom Wochenende, die diplomatischen Beziehungen zurückzustufen, wird in den Berichten über die gestrigen Attacken auf das britische Botschaftsgelände als einer der Auslöser erwähnt. Weitere Sanktionen gegen Iran? Die bislang letzte Verschärfung, der Ausschluss der iranischen Zentralbank von Transaktionen, die über den Finanzmarkt in London laufen, gilt ebenfalls als Triebfeder der gestrigen Ereignisse in Teheran.

Die Beziehungen zwischen London und Teheran sind in einer Logik der Konfrontation gefangen, die zwangsläufig immer nur auf einer nächste Stufe der gegenseitigen Drohungen landet. Wie die nächste Stufe dann aussieht, ist unvorhersehbar, als Endstufe lauern kriegerische Auseinandersetzungen - was aber angesichts der gegenseitigen militärischen Stärke und des Potentials, sich außerordentliche Schäden zuzufügen, außerhalb der realistischen politischen Optionen liegt.

Irgendwie im Spiel bleibt, was gräßlich als "ultima ratio" schöngeschrieben wird, aber doch auch jetzt taucht das Wort "Krieg" wieder auf, die Erstürmung der Botschaft wird in die Nähe einer Kriegserklärung gerückt. De facto herrscht schon länger Krieg zwischen Großbritannien, den USA, ihren Verbündeten und Iran - es ist ein "kalter Krieg". Die wichtigste Frage - das, was augenblicklich gar nicht im Spielrepertoire ist - ginge in die Richtung: Wie ließe sich Vertrauen zwischen den Konfliktparteien wiedergewinnen? Mit wem kann wer auf welcher Seite noch sprechen?

Die Darstellung der gestrigen Ereignisse auf dem britischen Botschaftsgelände ist davon geprägt, dass unterschiedliche Seiten ganz unterschiedliche Sichtweisen und Interpretationen präsentieren. Westliche Darstellungen konzentrieren sich darauf, dass sich unter der Menge aufgebrachter Demonstranten ("Tod für England!") vor der Botschaft, "Profis" befanden. Bassidsch-Milizen, die für den eigentlichen Sturm auf die Botschaft verantwortlich waren, die über den Zaun geklettert sind, die Fenster eingeschlagen, die Büros verwüstet haben. Filmmaterial von diesen Aktionen, so ließ heute morgen der Iran-Korrespondent im Bayerischen Rundfunk verstehen, zeige deutlich, dass dies von Männern durchgeführt wurde, die solches trainiert haben.

Auch eine weitere grundstätzliche Anklage gegen die iranische Regierung - die zum Schutz der Botschaften verpflichtet ist - zeige sich auf den Filmbildern, heißt es in verschiedenen Berichten: Dass die Polizei die Randale habe geschehen lassen und kaum eingegriffen habe.

Ganz anders dagegen die Darstellung der halbamtlichen iranischen Nachrichtenagentur Fars News Agency. Dort sind unter der Überschrift "Occupy Embassy Protests" (!) mehrere Berichte zu "Studentendemonstrationen" zu lesen, die vor der Botschaft und dem Qolhak Garden stattfanden - einem Gelände, das von der eigentlichen Botschaft etwas entfernt liegt, aber zum Territorium der britischen Botschaft gehört, was allerdings von iranischer Seite angefochten wird. Aus den Fars-Agentur-Berichten geht hervor, dass sich die Polizei bemühte, dem Tumult Einhalt zu gebieten, aber der Proteste zeitweise nicht ganz Herr wurde, es aber letztlich dem Eingreifen der Sicherheitskräfte zu verdanken war, dass die Kontrolle bald wiederhergesetllt wurde. Die Vorfälle würden untersucht, die Beschuldigten hätten sich zu verantworten.

Ausführlich wird in diesen Berichten auf den Streit über Besitzrechte an Qolhak Garden, dem Gelände der ehemaligen Sommerresidenz, eingangen. Aus iranischer Sicht wird das Gelände unrechtmäßig von den Briten besetzt. Solche Anklage fügt sich gut in das Feindbild der britischen Kolonialisatoren. Dazu kommt, dass sich gestern der Anschlag auf einen iranischen Atomwissenschaftler jährte, der den westlichen Ländern angelastet wird. Von Bassidsch-Milizen ist in diesen Berichten nicht die Rede.

Möglicherweise, so wird spekuliert, zeigt sich in dem Sturm auf die britische Botschaft auch ein Machtkampf verschiedener innenpolitischer Kräfte in Iran.