Großbritannien will "Geistiges Kapital" sichern

Vergreisung und globaler Wettbewerb machen, so ein von der britischen Regierung in Auftrag gegebener Bericht, das "geistige Kapital" als Standortvorteil und als Kostenfaktor bedeutsam.

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Das UK Government Office for Science hat die Ergebnisse des Foresight Project on Mental Capital and Wellbeing veröffentlicht. In diesem Projekt wurde versucht, die geistigen Ressourcen von Staaten zu analysieren und Möglichkeiten zu Verbesserungen aufzuzeigen.

Unter "geistigem Kapital" versteht man die kognitiven und emotionalen Ressourcen eines Menschen, wozu etwa Flexibilität, Lernfähigkeit, Stresstoleranz oder auch die emotionale Intelligenz gerechnet werden. Die Menge des geistigen Kapitals soll erkennbar machen, wie effizient ein Mensch der Gesellschaft dienen kann. Das soll auch die Wahrnehmung seiner persönlichen Lebensqualität verbessern. "Die Idee des Kapitals", so heißt es in einem Zwischenbericht, "stellt natürlich eine Verbindung mit Vorstellungen über das Finanzkapital her. Es ist sowohl herausfordern als auch natürlich, über den Geist auf diese Weise zu denken."

Die Globalisierung, das Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern China und Indien und neue Technologien werden vor allem als Hintergrund für die notwendige Sorge um das geistige Kapital in der Wissensgesellschaft ausgemacht. Die Menschen müssten auch geistig wettbewerbsfähig bleiben und ihre geistigen Fähigkeiten daher das ganze Arbeitsleben hindurch fortwährend trainieren und verbessern. Damit müsste schon ganz früh angefangen werden.

Die Ausgangslage wirkt düster gemalt: Die Anzahl der Menschen über 80 Jahre könnte sich bis 2071 verdreifachen, schon heute haben 16% der britischen Erwachsenen einmal eine psychische Erkrankung in ihrem Leben. Die Vergreisung werde nicht nur verändern, was man unter Alter versteht, sondern auch was Karriere und Pensionierung bedeuten. Die zunehmende Vergreisung der westlichen Gesellschaften, bezeichnet als Zeitbombe auch in finanzieller Hinsicht, führt wahrscheinlich in den nächsten Jahrzehnten zu einem gewaltigen Anstieg an psychischen Krankheiten wie Depression und Alzheimer. Allein die Kosten, die Demenz bei älteren Menschen verursacht, könnten in den nächsten Jahren von jetzt 17 Milliarden auf jährlich 50 Milliarden Pfund steigen. Die Zahl der Demenzkranken könnte sich auf 1,4 Millionen verdoppeln. Auch können Lernstörungen wie Legasthenie, wenn sie nicht früh erkannt und behandelt werden, zu einem weniger erfolgreichen Erwerbsleben und somit ebenfalls zu psychischen Störungen führen.

Es werden zwei Aspekte betrachtet, die es zu optimieren gilt und die sich gegenseitig bedingen: die geistige Leistungsfähigkeit und das geistige Wohlergehen. Dazu wurde die kindliche Entwicklung, geistige Gesundheit und die bestmögliche Erhaltung geistiger Fitness im Alter analysiert. Vorgeschlagen wird zur Sicherung und Verbesserung des geistigen Kapitals eine frühe Erkennung von Risikofaktoren für psychische Krankheiten und Lernstörungen. Dies sei beispielsweise durch genetische Marker möglich. Die Forschung daran müsse intensiviert werden. Die Unterstützung für Kinder mit Lernproblemen und deren Eltern sollte intensiviert und Arbeitsumgebungen produktiver gestaltet werden. Die Regierung wird aufgefordert, dementsprechende Schritte zu unternehmen, um eine Kostenexplosion zu vermeiden.