Große Mehrheit für Klimaschutz

Bild: @ Fridays for Future Deutschland

Bevölkerung will mehr als die Bundesregierung, unter anderem Nulltarif im Nahverkehr und einen schnelleren Kohleausstieg, vor allem aber einen großen Plan

Die Deutschen machen sich Sorgen wegen des um sich greifenden Klimawandels. Die mögen zwar noch nicht immer wahlentscheidend sein, wie jüngst die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt gezeigt hat, aber 80 Prozent der Bevölkerung treiben die Veränderungen des Klimas um, wie die Deutsche Welle berichtet.

Demnach ist dies das Ergebnis einer Befragung von repräsentativ ausgesuchten 2000 Personen, die die Organisation "More in Common" in Auftrag gegeben hatte.

65 Prozent der Befragten geben an, dass für sie der Klimawandel bereits spürbar sei. Auffallend ist, dass der gesellschaftlich besonders engagierte Teil der Interviewten sich mit 88 Prozent die meisten Sorgen macht und auch mit 73 Prozent die ersten Auswirkungen bereits wahrnimmt.

Gefühl der Hilflosigkeit

Zugleich sind sie mit 56 Prozent diejenigen, die sich am ehesten hilflos fühlen. Insgesamt gaben 45 Prozent an, sich gegenüber dem Klimawandel hilflos zu fühlen. Wie so oft sind die Gefühle widersprüchlich. Zwar gaben 76 Prozent an, dass sie etwas zum Klimaschutz beitragen können, sie also nicht ganz machtlos sind, aber viele sehen sich mit ihren Anstrengungen im Kleinen allein gelassen. Daher das Gefühl der Hilflosigkeit.

Entsprechend ist 57 Prozent der Befragten der Ansicht, dass die Menschen im Land viel weiter als die Politikerinnen und Politiker seien und als diese häufig von der Bevölkerung glaubten. Der Bundesregierung, den jeweiligen Kommunen, der EU-Kommission und der Wirtschaft wird daher bescheinigt, dass sie eher zu wenig (38 bis 42 Prozent) oder viel zu wenig (10 bis 32 Prozent) für den Klimaschutz tun.

Besonders schlecht ist – wenig überraschend – das Ansehen der Wirtschaft, von der 38 Prozent denken, dass sie eher zu wenig und weitere 32 Prozent, dass sie viel zu wenig unternimmt.

Politik der Bundesregierung "wirkungslos"

Die Politik der Bundesregierung wird mehrheitlich als wirkungslos (63 Prozent), ungerecht (64 Prozent), planlos (68 Prozent) und im internationalen Vergleich als zurückgeblieben (58 Prozent) wahrgenommen. Die große Mehrheit von 71 Prozent hält überhaupt nichts vom klimapolitischen Klein-Klein, sondern erwartet von den Politikerinnen und Politikern einen umfassenden Plan.

Insbesondere sind integrative Maßnahmen gefragt, die neben dem Klimaschutz noch einen zusätzlichen Mehrwert haben. So befürworten zum Beispiel 84 Prozent der Befragten einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr. Da in fast allen befragten Gruppen soziale Themen wie Alterssicherung oder wachsende Ungleichheit eine ähnlich hohe Priorität wie der Klimaschutz haben, wäre das sicherlich ein wichtiger Anknüpfungspunkt.

Der vergiftete Diskurs

Wichtig ist schließlich, dass die Befragten eine gleichmäßige Verteilung der Lasten und Aufgaben verlangen. Da aber die Regierungskoalition mit einer der unpopulärsten Maßnahmen begonnen hat, der schrittweise steigenden Bepreisung von CO2-Emissionen aus Kraftstoffen begonnen hat – nur 52 Prozent der Befragten meinen, dass der CO2-Ausstoß stärker belastet werden sollte – und dafür dann auch noch die grüne Opposition verantwortlich macht, sind alle Voraussetzungen geschaffen, den öffentlichen Diskurs zu vergiften.

Entsprechend ist die große Mehrheit der Befragten der Ansicht, das Thema spalte die Gesellschaft und vermeidet daher im persönlichen Umfeld eher die Diskussion. Daher gebe es ein paar Ansätze, die wie der Nulltarif im ÖPNV eine große Mehrheit fänden, etwa ein beschleunigter Kohleausstieg (73 Prozent) oder die Abschaffung der Massentierhalt (75 Prozent). Man darf gespannt sein, ob sich Parteien finden, dies im Bundestagswahlkampf aufzugreifen.