Guttenberg und das "geistige Eigentum"

Rechts- und Medienwissenschaftler werfen dem Verteidigungsminister vor, dass er Teile seiner Doktorarbeit abgeschrieben hat

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Es sind erstaunliche wortwörtliche Übereinstimmungen zwischen der Doktorarbeit Guttenbergs und Texten, die er in seiner Doktorarbeit teilweise gar nicht erwähnt, welche die SZ heute präsentiert. Längere wörtliche Textstellen aus einem NZZ-Artikel, ohne jeglichen Quellenhinweis; Absätze aus einem Vortrag des Liechtenstein-Instituts und einem Artikel über "Amerikanische Präsidialdemokratie": Passagen, denen ein "sauberer wissenschaftlicher Nachweis" fehle, so die Analyse des Bremer Rechtsprofessors Andreas Fischer-Lescano.

Er habe die 2009 in Buchform veröffentlichte Doktorarbeit aus wissenschaftlichem Interesse gelesen, gibt er der Zeitung gegenüber an, er wollte eine Rezension darüber schreiben. Dazu habe er "routinemäßig" Textstellen bei Google eingegeben und dabei an "acht Stellen" Textpassagen entdeckt, die nicht ordentlich nachgewiesen seien. Seit heute Morgen macht Fischer-Lescanos Vorwurf, die Doktorarbeit sei "an mehreren Stellen 'ein dreistes Plagiat' und 'eine Täuschung'", die Runde in allen wichtigen deutschen Medien.

Die Bayreuther Universität, wo die Doktorarbeit Guttenbergs mit der Bestnote „Summa cum laude“ angenommen und bewertet wurde, nimmt den Vorwurf „ernst“. Experten sollen die Arbeit nach Angaben des Universitätssprechers neu prüfen: „Danach wolle man bewerten, welches Gewicht diese Passagen im Rahmen der Doktorarbeit hätten und ob sich Anhaltspunkte für ein planmäßiges Abschreiben ergeben würden.“

Guttenberg selbst nennt die Anschuldigungen nach einem Stern-Bericht „abstrus“. Für ihn ist der Vorwurf eine Fußnoten-Affäre. Der Stern zitiert ihn damit, dass „er gerne bereit (sei) zu prüfen, 'ob bei über 1200 Fußnoten und 475 Seiten vereinzelt Fußnoten nicht oder nicht korrekt gesetzt sein sollten'".

Bei einer Neuauflage des Buches würde er dies berücksichtigen. Zudem widersprach Guttenberg Spekulationen darüber, dass andere an seiner Dissertation mitgewirkt hätten:

"Die Anfertigung dieser Arbeit war meine eigene Leistung."

Telepolis-Autor Stefan Weber ( Das Google-Copy-Paste-Syndrom) weist darauf hin, dass Guttenberg bereits den allerersten Absatz seiner Dissertation - ohne dies als Zitat kenntlich zu machen - aus einem FAZ-Artikel abgeschrieben hat.

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Auszug aus Guttenbergs Doktorarbeit