IBM-Rechner tritt gegen Quiz-Kandidaten an

IBMs Großrechner "Watson" will neue Maßstäbe in der Mensch-Computer Kommunikation setzen und im Herbst eine US-Quizsendung gewinnen

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Lange Zeit suchte IBM eine neue Domäne, um den Wettkampf zwischen Menschen und Maschine zu revitalisieren. Seit 1997 der Großrechner "Deep Blue" den Schachweltmeister Gary Kasparow schlug, war es still geworden um den Vergleich menschlicher und prozessorgestützer Fähigkeiten. Mehr noch, es schien klar, dass Maschinen nur in eng umrissenen und vor allem genau definierten Aufgabengebieten den Menschen überlegen sein können. Deep Blue galt zwar als Triumph der Rechenleistung, zugleich aber als Eingeständnis der KI ungewöhnlich lange gebraucht zu haben, um ein 8x8 Felder großes Universum in den Griff zu bekommen.

Zur Zeit versucht IBM erneut, Fortschritte in der KI in einem öffentlichkeitswirksamen Projekte zu präsentieren. Seit über drei Jahren arbeiten die Entwickler an einer Rechner mit Namen "Watson, der Spracherkennung mit einer riesigen Datenbank verbindet, in der Informationen rund um Allgemein- und Expertenwissen bereit gehalten werden. Das erklärte Ziel ist es, zwei menschliche Kontrahenten im beliebten US-Fernsehquiz "Jeopardy" zu schlagen. Der Termin für das Duell ist voraussichtlich im Herbst. Ein Werbevideo von IBM zeigt Watson bereits im Duell mit ehemaligen Jeopardy-Champions.

Bei Jeopardy sind die vom Moderator gestellten Fragen Antworten, aus denen die Mitspieler Fragen machen müssen. Das Wissensgebiet ist weit, der schwierige Teil der Aufgabe für einen Computer besteht aber eher darin, die oft vorkommenden Wortspiele richtig zu interpretieren. Zunächst muss Watson also erst einmal begreifen, was mit einer Frage gemeint ist. Dafür werden Algorithmen genutzt, die die natürliche Sprache interpretieren. Anschließend wühlt sich das System durch die semantische Suche und arbeitet nach dem Ausschlussverfahren. An das Internet angeschlossen ist Watson nicht, über die letzten Jahre war das Netz aber die primäre Bezugsquelle für die Fütterung des wissenshungrigen Rechners. Immer mehr Dokumente stehen online, inzwischen gibt es wohl auf jede Fachfrage irgendwo die Antwort.

Praktische Anwendung wird ein abgespeckter Watson in ein paar Jahren in den Bereichen finden, wo schnelle Antworten aus einer Fülle von Informationen zu ziehen sind. IBM denkt an Rechtsanwälte, aber auch an Einsätze in der (Notfall-) Medizin.

Watson nutzt drei zentrale Ansätze: Text Mining, Bedingungserfüllung und lokale Suche. Beim Text Mining extrahiert der Computer den Informationsgehalt aus einem Text, indem er statistische und linguistische Verfahren anwendet. Bei der Bedingungserfüllung sucht Watson nicht nach

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Lösung schlechthin, sondern integriert alle ihm zur Verfügung stehenden Informationen zu einem konsistenten Gesamturteil. Die lokale Suche schließlich ist ein Algorithmus, der Watson anzeigt, dass eine tiefere Suche höchst unwahrscheinlich zu besseren Resultaten führt. Eine 80-prozentige Wahrscheinlichkeit auf die korrekte Antwort reicht dann beispielsweise aus.

Ein Problem macht den KI-Forscher bei IBM noch Sorge. Die erfolgreichsten Jeopardy-Kandidaten drücken den Buzzer nicht erst dann, wenn sie die Antwort 100-prozentig wissen, sondern schon, wenn sie nur eine ungefähre Ahnung haben. Die Regeln des Spiels lassen ihnen danach fünf Sekunden Zeit und oftmals reicht ihnen das, um die korrekte Antwort zu finden und sie als Frage zu formulieren.