Internationale Proteste gegen AKWs

Von Taiwan über Indien und die Türkei bis nach Finnland gingen letzte Woche die Menschen gegen Atomkraftwerke auf die Straße

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Mindestens 5.000 Menschen haben am Samstag in Taiwans Hauptstadt Taipeh an Protesten gegen den Bau von Atomkraftwerken teilgenommen, berichtet die Taipei Times. Eine andere Quelle spricht von 16.000 Demonstranten bei verschiedenen Aktionen im ganzen Land. Das Inselrepublik habe nach dem Ausbruch der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima, die noch lange nicht unter Kontrolle ist, einen neuen Aufschwung der Antiatomproteste erlebt, so die Taipei Times.

Taiwan liegt wie Japan in einer Zone, in der eine ozeanische Platte sich unter den asiatischen Kontinent schiebt. Entsprechend sind Erdbeben, auch schwerere, keine Seltenheit. Derzeit laufen auf Taiwan sechs Reaktoren an nur drei Standorten mit einer kombinierten Leistung von knapp fünf Gigawatt, zwei weitere befinden sich nach Angaben der Internationalen Atomenergieagentur im Bau.

Schon jetzt liefert Atomkraft nach Abgaben der auf Taiwan erscheinenden China Post rund 20 Prozent der elektrischen Energie des Landes. Der Ausfall eines der Standorte im zum Beispiel in Folge eines Erdbeben würde also ähnlich große Versorgungsprobleme mit sich bringen, wie sie derzeit Japan erlebt.

Anti-Atom-Proteste hat es in der vergangenen Woche auch in anderen Ländern gegeben. Zum Beispiel in der Türkei, in der Ukraine, in Weißrussland oder in Finnland. Anlass war meist das Gedenken an die Reaktorkatastrophe im sowjetisch-ukrainischem Tschernobyl die sich am 26. April zum 25. Mal jährte. In Finnland und der Türkei richteten sich die Proteste auch gegen geplante Neubauten.

Auch in Indien sollen AKWs gebaut werden, und auch dort bleiben die Vorhaben nicht unwidersprochen. Aktuell drehen sich die Auseinandersetzungen vor allem um das geplante AKW Jaitapur im westlichen Bundesstaat Maharashtra. Dort soll der französische Kraftwerksbauer Areva aus sechs sogenannte Europäische Druckwasserreaktor (EPR) den weltgrößten Atomkomplex errichten. Insgesamt sollen die Reaktoren eine Gesamtleistung von fast zehn Gigawatt haben.

Wenn sie denn jemals wirklich laufen sollten. Bisher gibt es nämlich noch nirgendwo einen EPR, der erfolgreich im Normalbetrieb laufen würde. Eine der wenigen existierend EPR-Baustellen liegt in Finnland, von wo es seit Jahren immer wieder Skandal-Meldungen über Pfusch am Bau und Kostenexplosionen gibt.

Das hat sich bis nach Indien herum gesprochen, und entsprechend groß ist der Widerstand gegen das Bauvorhaben. Und wie einst in Deutschland und Frankreich in den 1970er und 1980ern geht die dortige Staatsmacht recht gewalttätig gegen die Proteste vor. Am 18. April starb ein junger Fischer, als die Polizei das Feuer auf Demonstranten eröffnete.