Iran will Uran in der Türkei austauschen

Atomstreit: Die überraschende Vereinbarung zwischen Iran, Brasilien und der Türkei macht es für die USA schwieriger, härtere Sanktionen durchzusetzen

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Die Durchsetzung schärferer Sanktionen gegen Iran, für die sich die USA im UN-Sicherheitsrat stark machen, werden nach diesem Überraschungsmanöver schwieriger. Wie der iranische Außenminister heute morgen mitteilte, hat sich Iran nach längeren Verhandlungen mit hohen Regierungsvertretern Brasiliens und der Türkei darauf geeinigt, 1200 Kiliogramm schwach angereichertes Uran in der Türkei gegen 120 Kilogramm höher angereicherte Brennelemente zu tauschen. Der Umtausch würde damit Bedingungen erfüllen, die von der IAEA bereits vorgeschlagen wurden. Iran hatte sich bislang geweigert, dem Umtausch auf russischem oder französischen Boden zuzustimmen.

Innerhalb einer Woche, erklärte Außenminister Manutschehr Mottaki, werde man einen Brief mit allen nötigen Details der Vereinbarung an die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) schicken. Man werde die Behörde darum bitten, Personal in der Türkei abzustellen, um die Sicherheit des dort deponierten iranischen Urans zu gewährleisten. Sollten "Russland, Frankreich, die USA und die IAEA" auf den Vorschlag positiv reagieren, so Mottaki, würde man weitere Details schriftlich ausarbeiten. Iran würde dann das schwach angereicherte Uran binnen eines Monats in die Türkei schaffen. Der Westen soll die 120 Kilogramm höher angereichertes Uran dann in spätestens einem Jahr bereitstellen. Sollten die Abmachungen nicht eingehalten werde, werde man die Türkei veranlassen, das iranische Uran sofort zurückzuschicken.

Darüberhinaus verwies der iranische Außenminister erneut darauf, dass Iran Unterzeichner des Atomwaffensperrvertrages sei, sich an dessen Regelungen halte, die jedem der Unterzeichner erlaubten, Atomenergie für zivile Zwecke zu nutzen. Das zu 20 Prozent angereicherte Uran, das Iran im Austausch erhält, benötigt man nach Regierungsangaben für den Forschungsreaktor in Teheran, zu medizinischen Zwecken, zum Kampf gegen Krebs.

Während die amerikanische Außenministerin Clinton dem Vermittlungsversuch am Wochenende, zu dem Brasiliens Präsident Lula angereist war, keine Erfolgschancen eingeräumt hatte, verkündet Irans Führung stolz, dass neben dem Umtausch-Deal auch wirtschaftliche Kooperationen zwischen Brasilien und Iran in Milliardenhöhe beschlossen wurden. Die Rede ist von einer künftigen Steigerung des Handelvolumens beider Länder auf das Fünffache, auf etwa 10 Milliarden Dollar. Lula gab am Sonntag bekannt, dass Brasilien Nahrungsexporte nach Iran in den nächsten fünf Jahren mit einer Milliarde Euro finanzieren werde. Im Gegenzug wurde verlautbart, dass brasilianische Firmen an der Modernisierung des iranischen Ölsektors beteiligt würden.

Eine Schlüsselrolle in den Verhandlungen nahm auch die Türkei ein, Ministerpräsident Erdogan war am Sonntag zu den Verhandlungen angereist. Beide Länder, Brasilien und die Türkei, hatten in den vergangenen Wochen bereits deutlich gemacht, dass sie als nicht-ständige Mitglieder des Sicherheitsrats gegen eine UN-Resolution sind, die härtere Sanktionen beschließt. Präsident Ahmadinedschad bezeichnete die Uran-Austausch-Vereinbarung als verheißungsvollen Schritt für weitere Kooperationen. Zuvor hatte er in gewohnter Rhetorik davon gesprochen, dass Iran und Brasilien die Weltordnung verändern würden.

Man darf auf die Reaktionen aus dem Westen, besonders der USA, gespannt sein. Ein erster Artikel in Ha'aretz zum Uran-Austausch beschäftigt sich insbesondere mit den Handelsvereinbarungen zwischen Iran und Brasilien. Tatsächlich dürfte die Isolationspolitik des Westens gegenüber Iran dadurch einen kräftigen Dämpfer bekommen haben. Zu erwarten ist, dass die westlichenVerhandlungspartner nun im Atomstreit vor allem weiter darauf drängen, dass Iran sämtliche Urananreicherung einstellt. Wie der Nachtrichtensender Bayern 5 meldet, will Iran dieser Forderung angeblich auch jetzt nicht nachkommen. Man wolle trotz der Austauschvereinbarung weiter im Land anreichern.