Japan: Regierung Shinzo Abe bestätigt

Bei seit langem niedrigster Wahlbeteiligung gewinnen Nippons Konservative vorgezogene Neuwahlen

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Japans Ministerpräsident Shinzo Abe hat in den Unterhauswahlen am Sonntag mit seiner konservativen Liberaldemokratischen Partei den Sieg davon getragen, wie der US-amerikanische Sender CNN berichtet. Demnach verfügen die LDP und ihre Koalitionspartner im Unterhaus erneut über eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Das gibt ihnen unter anderem die Möglichkeit Gesetze durchzudrücken, die vom Oberhaus abgelehnt werden.

Man kann in diesen Wahlsieg, wenn man denn will, mit dem Spiegel eine Rückkehr zur Atomkraft sehen, eine Bestätigung für eine desaströse Wirtschaftspolitik und der geplanten Erhöhung der Mehrwertsteuer oder auch die Zustimmung zur Militarisierung und zum aggressiven außenpolitischen Kurs der Regierung Abe.

Meinungsumfragen zeigen allerdings, dass die Wirklichkeit ein wenig komplizierter ist. In den meisten dieser Fragen hat die Regierung keine Mehrheit in der Bevölkerung, und die Beliebtheit des Premierministers ist auf einem Tiefstand. Wie es aussieht, bezieht die LDP ihre Stärke vielmehr vor allem aus der Schwäche der Opposition.

Die Demokratische Partei (DP), die mit Abstand wichtigste Oppositionskraft, konnte kaum von der Unbeliebtheit der Regierungspolitik profitieren und gewann nur einige wenige Sitze hinzu. Die Wähler haben offensichtlich immer noch deren letzte Regierungszeit in schlechter Erinnerung, und viele blieben daher zuhause. Gegenüber den letzten Wahlen sank die Beteiligung noch einmal um rund acht Prozentpunkte auf nur noch knapp über 50 Prozent.

Nach Angaben der Zeitung Mainichi kam die LDP auf 290 von 475 Unterhaussitzen. Die mit ihr verbündete Komeito ergatterte 35, was der Koalition wie zuvor zu einer stattlichen Mehrheit von 325 Sitzen verhilft. Dem gegenüber erzielte die DP gerade 73 Sitze. Die Kommunistische Partei Japans (KPJ) steigerte sich von neun auf 21 Sitze, was ihr bestes Ergebnis in den letzten 15 Jahren und zugleich eines der besten in ihrer Geschichte war. Erstmalig seit 1996 konnte sie ein Direktmandat gewinnen.

Eine Besonderheit am Rande: Auf der südlichen Insel Okinawa, auf der sich die Bevölkerung seit Jahren gegen die massive Präsenz des US-Militärs und den Bau eines neuen US-Stützpunktes wehrt, verlor die LDP alle vier Direktmandate. Eines ging an die KPJ, eines an die Sozialdemokratische Partei, eines an die Partei des Lebens und eines an einen unabhängigen Kandidaten. Laut Mainichi ließ Ministerpräsident Abe unmittelbar nach der Wahl wissen, dass er an dem heftig umstrittenen neuen Stützpunkt festhalten werde.

Bei den alle vier Jahre stattfindenden Unterhauswahlen werden 300 Sitze als Direktmandate vergeben, die nach dem Mehrheitswahlrecht ermittelt werden. Die restlichen Sitze werden über Parteilisten nach dem Mehrheitswahlrecht verteilt. Das System benachteiligt kleine Parteien.

Eigentlich wären die Wahlen erst im Dezember 2016 fällig gewesen. Abe hatte allerdings, als sich das Scheitern seiner Wirtschaftspolitik abzeichnete, kurzfristig das Parlament auflösen lassen, um vorzeitige Neuwahlen zu erzwingen. Offenbar hat er angesichts der Schwäche der Opposition darauf gehofft, noch einmal wiedergewählt zu werden, bevor den meisten Menschen der volle Ernst der ökonomischen Lage bewusst wird.