Kein Kernkraftwerk ist rundum sicher

Die Reaktorsicherheitskommission hat ihren Abschlussbericht vorgestellt

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Die Reaktorsicherheitskommission hat ihren Abschlussbericht über die Sicherheit der deutschen Atomkraftwerke fertig gestellt und dem Bundesumweltminister übergeben. Norbert Röttgen erklärte, dass damit die Grundlage für die politische Bewertung vorliege. Die schon im Vorfeld an dem Bericht geäußerte Kritik sei "völlig falsch, völlig neben der Sache liegend", so der Umweltminister. Die Atomaufsicht in Schleswig-Holstein hatte kritisiert, dass sich der Bericht auf Angaben der Kraftwerksbetreiber stütze, die nicht nachprüfbar seien. Tatsächlich fand im Rahmen der Überprüfung kein einziger Besuch in einem Kernkraftwerk statt, weil dafür die Zeit nicht ausgereicht hat, wie Rudolf Wieland zugeben musste.

Umweltminister Röttgen betonte, dass sein Ministerium den Bericht noch auswerten müsse und ihn daher derzeit nicht bewerten könne. Über konkrete Konsequenzen wollte er daher noch nicht sprechen. Grund für einen überhasteten Ausstieg aus der Atomenergie sieht er jedoch nicht.

Im Rahmen der Untersuchung wurden drei Sicherheitslevels definiert. Wichtigstes Ergebnis ist, dass kein Kraftwerk in allen untersuchten Bereichen ein oberes Level erreicht, aber einige Anlagen, insbesondere ältere Kraftwerke, oft im unteren Bereich liegen. Den Absturz einer großen Passagiermaschine würde keines der deutschen Kernkraftwerke überstehen. Die sieben ältesten sind allenfalls für den Aufprall von Kleinflugzeugen geschützt – einige würden selbst das nicht überstehen.

Wieland betonte, dass alle deutschen Atomkraftwerke eine "Robustheitsreserve" im Bereich Erdbebensicherheit aufweisen würden, auch im Bereich Hochwasser hätten die Kraftwerke gut abgeschnitten. Ebenfalls keine Probleme sieht die Reaktorsicherheitskommission im Bereich der Stromversorgung. Zusätzlich zu den Notstromdieseln stünden mobile Stromaggregate bereit, die im Bedarfsfall schnell herangeschafft werden könnten.

Laut Wieland hätte das Ereignis von Fukushima in der dortigen Störfallauslegung berücksichtigt werden müssen. In Deutschland gebe es keine vergleichbaren Auslegungsdefizite. Insbesondere in der Notstromversorgung hätten deutsche Anlagen mehr Auslegungsreserven.

Lothar Hahn, selbst ehemaliger Vorsitzender der Reaktorsicherheitskommission, kritisierte, dass keine umfassende Analyse vorgenommen wurde. Themen wie Kühlmittelverlust, kurze Stromausfälle und Rohrschäden seien nicht einmal untersucht worden, so Hahn. Gefragt, ob er die deutschen Kernkraftwerke für sicher halte, gab er auf Phoenix eine eindeutige Antwort: "Nein."