Keine atomare Kaltreserve

Die Bundesnetzagentur ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Risiken ohne ein Reserve-AKW und mit Betrieb von Kohlekraftwerken "gerade noch beherrschbar" seien

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Die Bundesnetzagentur hat sich heute dagegen entschieden, dass ein Atomkraftwerk als so genannte Kaltreserve für Stromengpässe im Reservebetrieb betrieben werden soll. Während der Diskussion um den Ausstieg aus der Atomenergie und dem Abschalten der acht Altmeiler war von den AKW-Befürwortern die Idee durchgespielt worden, mit der prophezeiten Ankündigung von Stromengpässen zumindest ein AKW nicht ganz abzuschalten, sondern im Stand-by-Betrieb weiter laufen zu lassen.

Gegen das AKW als Reserve wandte sich die Opposition, die Regierung beauftragte die Bundesnetzagentur, die Versorgungssicherheit zu prüfen, ob als "ultima ratio" ein "Reservekernkraftwerk" beibehalten werden soll. Im heute vorgelegten Bericht wird zu Beginn herausgestellt, dass die Behörde nicht verpflichtet worden sei, eine solche Anordnung zu treffen. Geprüft wurden Szenarien für extreme Belastungssituationen, beispielsweise ein kalter Abend an einem Wintertag, wenn die Phtovoltaikanlagen keinen Strom liefern können und es entweder zu viel oder keine Windenergie gibt, während gleichzeitig ein großes AKW ausgefallen ist.

Da die Bundesnetzagentur bereits Reserveleistungen bei Kohlekraftwerken in Deutschland in Höhe von mehr als 1000 MW sicher gestellt habe und mehr als 1000 MW Reserveleistung aus Österreich im Notfall abgerufen werden könnten, sei ein AKW als Reservekraftwerk nicht notwendig. Die in einem Extremfall entstehenden Belastungen durch das Spannungsniveau und die Leitungsbelastung seien hinnehmbar, die Risiken "gerade noch beherrschbar". Seit dem letzten Bericht, in dem die Behörde noch vor Stromausfällen warnte, muss nun eine Entwarnung gegeben werden. Durch die Suche nach "konventionellen Alternativen" und neue Maßnahmen, so die Begründung, seien die Risiken nun "besser beherrschbar". Gegen alle Risiken habe man auch schon vor dem Atom-Moratorium keine Absicherung gewährleisten können. Empfohlen wird aber dringend, die Kraftwerksblöcke Datteln 1-3 (Steinkohle) so lange weiter zu betreiben, bis Datteln 4 in Betrieb gehen kann. Höchste Priorität müsse die Fertigstellung der Höchstspannungsleitung von Krümmel nach Schwerin haben.

Damit müssen nun alle 8 AKWs, die schon mit dem Moratorium abgeschaltet wurden, endgültig und ohne Ausnahme durch die Hintertür eines Reservekraftwerks stillgelegt werden. Im Gespräch war als solche Kaltreserve das stets umstrittene AKW Biblis. Widerstand kam aus den Bundesländern, ermöglich hatte das Ende der atomaren Kaltreserve die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg, die genehmigt hatte, dass im Kohlekraftwerk Mannheim nicht mehr nur vier Blöcke, sondern als Reserve gleichzeitig fünf in Betrieb sein dürfen.

Die Atomenergiegegner sind natürlich erfreut. So erklärt Jochen Stay, Sprecher von .ausgestrahlt: "Von Anfang an haben wir in der Debatte um die Kaltreserve darauf hingewiesen, dass es ohne AKW geht. Die Bundesnetzagentur hat diese Position nun bestätigt." Allerdings kündigte er den weiteren Kampf um die schnellere Abschaltung der verbleibenden 9 AKWs an: "Denn auch diese Reaktoren stellen ein immenses Sicherheitsrisiko dar und werden für die Zukunft der Stromversorgung nicht benötigt. Den vom Bundestag beschlossenen Weiterbetrieb der meisten Anlagen über mehr als zehn Jahre können wir angesichts der Gefahren nicht akzeptieren." Der BUND akzeptiert zwar die Entscheidung, Kohlekraftwerke als "Kaltreserve" beizubehalten, weil diese weniger gefährlich als AKWs seien. Allerdings seht er eine Kaltreserve eigentlich als nicht nötig an, weil es nicht erwiesen sei, ob es eine "Stromlücke" überhaupt gebe. Auch der BUND fordert die Beschleunigung der Energiewende.