Kinder, nein Danke!

Die Deutschen verweigern sich der Fertilität und setzen auf die Vergreisung

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Deutschland ist das Land der Kinderverächter. Zumindest in Europa. Nur noch 13,1 Millionen Minderjährige leben in Deutschland. Das ist erdrückend wenig und ein deutliches Zeichen für eine vergreisende Gesellschaft, die auch politisch versteinert. Nach dem Statistischen Bundesamt kann auch davon ausgegangen werden, dass sich der Trend fortsetzt. Die Kinder werden weniger, die Alten relativ mehr. Ein grausiges Szenario für ein Land, das nicht mehr mit neuen Hoffnungen in die Zukunft aufbricht, sondern nur noch verteidigt, was schon einmal erreicht wurde.

Die Zahlen des Mikrozensus sind erschreckend, wenn man sie nicht so liest, dass es nun endlich immer leerer in deutschen Landen wird. In Westdeutschland ist die Zahl der Kinder seit 2000 um 10 Prozent, in Ostdeutschland, wo jeder, der kann, das Weite sucht, gar um 29 Prozent gesunken.

Jetzt wäre Zeit, nach den Gründen zu suchen, die Kinderlosigkeit als Ergebnis haben. Aus den statistischen Daten geht dies nicht hervor. Klar ist nur, dass bei den meisten Paarfamilien mit Kindern beide Eltern arbeiten. Das alte Rollenmodell, dass die Frau aus dem Arbeitsleben aussteigt und die Kinder betreut, funktioniert immer weniger. Dafür gibt es aber noch immer zu wenige Horte. Erst 23 Prozent der Kinder haben einen Betreuungsplatz. Da schläft man weiterhin in der Bundesregierung, deren liberale Fraktion lieber über Steuerminderungen nachdenkt. Dazu kommt, dass die Arbeitsplatzsicherheit dramatisch eingebrochen ist. Deutschland ist mittlerweile zu einem Niedriglohnland aufgestiegen, in dem auch die geringen Löhne kaum gesichert sind. Welche verantwortungsvoll gesinnte Eltern wollen unter schon unter prekären Bedingungen ein Kind in die Welt setzen? Und wenn man die Aussichten der jungen Generation bedenkt, die zwar für die Alten zahlen müssen, dafür aber kaum noch eine Sicherheit haben und mit Altersarmut rechnen müssen, dann wäre ein fröhlicher Kindersegen gegen jede Vernunft.

Die Deutschen, mit einer kinderlosen Kanzlerin, boykottieren die Zukunft, sie glauben rational nicht mehr an diese, auch wenn Deutschland gerade noch wirtschaftlich Erfolge vorzuweisen hat. Die Mehrheit der Deutschen partizipiert nicht am wachsenden Wohlstand. Aber, wie man wohl sagen muss, die Reichen haben auch nicht mehr Kinder. Der Wohlstand einer Gesellschaft und die (gerechte) Verteilung des Reichtums in ihr haben nicht viel mit der Fertilität zu tun. Seit der Pille und dem Kondom sind Sex und Reproduktion verschiedene Dinge. Die Deutschen scheinen sich von der Zukunft abgekehrt, keine Lust mehr auf Zukunft zu haben.

Man setzt trotzig auf das Aussterben, hält die Grenzen dicht, schürt die Angst vor dem Islam und den Einwanderern, will sich der Geschichte und dem Schicksal entgegen stemmen, schätzt die Ungestörtheit des eigenen Lebensetwurfs oder fürchtet die Verantwortung. Aber eine Gesellschaft, die keine Kinder will und ertragen kann, stirbt allmählich aus. Sie trocknet auch aus, weil sie nicht mehr erfahren kann, wie sich die Welt neu erleben und erfahren lassen kann, welche Geheimnisse sie birgt und welche Versprechungen sie mit sich bringt, wo also Wagnis auch Chance ist.