Klima: Massenprotest in Bonn

(Bild: Ebenfalls Gegenstand der Proteste: Tagebau in Hambach. Hier vom Aussichtspunkt bei Elsdorf-Angelsdorf aus gesehen. Bild: Johannes Fasolt / gemeinfrei)

25.000 Menschen demonstrierten am Samstag vor der UN-Klimakonferenz nach Veranstalterangaben in Bonn für den Ausstieg aus der Kohle

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Eine bunte, internationale Menschenmenge hat am Samstag in der alten Bundeshauptstadt Bonn für den Ausstieg aus der Kohle und stärkeren Klimaschutz demonstriert. Viele Tausend schoben sich mit Musik und ausgelassener Stimmung durch teils enge Straßen zum Bonner "UN-Campus".

Dort beginnt am morgigen Montag die 23. UN-Klimakonferenz. Die Veranstalter, darunter das globalisierungskritische Netzwerk Attac, der Bund für Umwelt und Naturschutz sowie die Naturfreunde haben 25.000 Teilnehmer gezählt.

Aus dem naheliegenden Köln hatte sich zudem eine Fahrraddemonstration auf den Weg gemacht, an der sich rund 2.500 Menschen beteiligten. Bereits am Vortag war eine Gruppe von 350 belgischen Klima-Aktivisten aus Brüssel per Fahrrad angereist. Die dreitägige Tour durch Belgien, den Süden der Niederlande und Deutschland war bereits eine kleine Langstrecken-Demonstration gewesen, die zu zahlreichen Gesprächen und Treffen entlang des Weges führte, wie Teilnehmer Telepolis berichteten.

Proteste gegen Tagebau Hambach

Überhaupt sind viele Klimaaktivisten vor allem aus den westlichen Nachbarländern aber auch aus aller Welt angereist. Am heutigen Sonntag beteiligen sich die "Pacific Climate Warriors" aus der Südsee an Protesten im westlich von Bonn gelegenen rheinischen Braunkohlerevier. Dort demonstrieren derzeit 4.500 Menschen zum Dorf Morschenich, das dem Tagebau Hambach weichen soll, wie die Veranstalter berichten.

Auf der Abschlusskundgebung am Samstag sprach unter anderem der senegalesische Vizepräsident der NaturFreunde-Internationale Mamadou Mbodji, der einen eindringlichen Appell an seine Zuhörer richtete. Der Klimawandel schreite voran und werde zu vielen Millionen Klimaflüchtlingen führen, Menschen die aufgrund extremen Klimas ihre Lebensgrundlage verlieren. Unter anderem sind in Westafrika viele Küstenmetropolen von einem ansteigenden Meeresspiegel bedroht.

Beim Mit-Veranstalter Attac spricht man von einer Klimakrise. Diese könne nur mit einem raschen Kohleausstieg abgebremst werden. "Dazu gehört, dass als erstes die Tagebaubagger im Braunkohle-Weltmeisterland Bundesrepublik endlich still stehen", meinte am Sonntag Dorothee Häußermann von der bundesweiten Attac-Arbeitsgruppe Energie, Klima, Umwelt in einer per Mail versandten Pressemitteilung.

Attac: Deutschland entwickelt sich zum "klimapolitischen Schurkenstaat"

Bei Attac hält man den Ausstieg aus der Kohle bis 2025 für "klimapolitisch notwendig und technisch möglich". Allerdings sieht es nicht danach aus, dass es dafür im Augenblick politische Mehrheiten gibt.

So konnten die Veranstalter zwar die geschäftsführende Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) begrüßen, sagten ihr aber vor versammelten Publikum, dass es noch schöner als sie beim Protest am Samstag zu sehen gewesen wäre, wenn sie in ihrer Amtszeit den Kohleausstieg auf den Weg gebracht hätte. Es werde von ihr nun erwartet, rief die Moderatorin von der Bühne herab der Noch-Ministerin zu, dass sie sich nun in ihrer Partei gegen die starke Kohle-Lobby einsetze.

Die aus dem Amt scheidende Bundesregierung habe ein regelrechtes Rollback in der Klima- und Energiepolitik organisiert, heißt es derweil bei Attac. "Von der angeblichen internationalen Vorreiterrolle der Bundesrepublik ist nicht viel übrig geblieben", kritisiert Attac-Sprecher Alexis Passadakis von Attac. Deutschland entwickele zum "klimapolitischen Schurkenstaat".

Angesichts der "Rückschritte und Blockaden in der deutschen Klimapolitik" müsse eine "demokratische Kontrolle der Energiekonzerne" her.

"Solange die großen Energieversorger in privater Hand sind und Renditen erzielen müssen, ist der Lobbydruck gegen eine Energiewende nicht einzudämmen. Die Vereinbarung von Klimazielen auf UN-Ebene, führt nicht automatisch zu einer effektiven Klimapolitik. Notwendig ist dafür eine vielfältige und demokratisch organisierte Energiewirtschaft aus öffentlichen Unternehmen und Genossenschaften."
Alexis Passadakis, Attac