Klima: Weltklimarat tagt in Berlin

Noch bis zum Sonntag wird an den Formulierungen eines Berichts über Vermeidungsstrategien gefeilt, die den schlimmsten Teil des Klimawandels noch abwenden könnten

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In Berlin trifft sich derzeit die Arbeitsgruppe III des IPCC, des sogenannten Weltklimarates. Bereits sei Beginn der Woche feilschen die Wissenschaftler mit den Vertretern der Mitgliedsländer um jedes einzelne Wort der Zusammenfassung ihres Berichts, des dritten Teils des fünften IPCC-Sachstandsberichts. In ihm wird es darum gehen, was zur Vermeidung eines zu starken Klimawandels getan werden muss. Im Herbst 2013 war bereits der erste Teil erschienen, in dem es um die physikalischen Grundlagen des Klimawandels ging. Ende März war diesem der zweite Teil gefolgt, der sich mit Anpassungsstrategien beschäftigte.

Am Sonntag wird also der dritte Teil veröffentlicht. Die Teilberichte selbst sind meist viele hundert Seiten dick und werden von den Regierungen lediglich angenommen. Auf die Formulierungen der "Zusammenfassung für Entscheidungsträger" (Summary for Policymaker) können sie jedoch direkten Einfluss nehmen. Das wird auch meist extensiv versucht, um unbequeme Passagen abzuschwächen, mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg.

Das Thema Vermeidung bietet natürlich im besonderen Maße Anlass für eine Schlacht um den Klimawandel, die das US-Magazin National Geographic toben sieht. Denn hier geht es darum, wie die Energiewirtschaft umgebaut wird, wie die Verkehrssysteme der Zukunft aussehen, welche Energieträger künftig verwendet werden und ähnliches. Bei all dem sind natürlich große wirtschaftliche Interessen im Spiel, so dass die Verbindung zwischen den involvierten Konzernen und den Lobbyorganisationen der "denial industry" oft eine sehr direkte ist.

So verwundert es denn auch nicht weiter, dass der Bericht vermutlich neben vielem anderen auch eine Empfehlung für den Bau neuer Atomkraftwerke enthalten wird. Die Aufgabe der 235 Autoren aus 57 Ländern war es, den Sachstand der internationalen Wissenschaft auf dem Gebiet der Vermeidung zusammenzufassen, und da kommen sie um entsprechende Studien nicht herum, die für mehr AKW argumentieren. Es bleibt abzuwarten, welches Gewicht diesen Standpunkten im Bericht letztlich eingeräumt wird.

Nicht durchsetzen konnten sich offensichtlich die Freunde des Frackings. Nach einem Bericht des BBC rät die Arbeitsgruppe III des IPCC eher davon ab, im Kampf gegen den Klimawandel auf das sogenannte unkonventionelle Gas zu setzen.

Hans-Otto Pörtner, Meeresbiologe am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven, beschreibt die Arbeit des IPCC und die Kommunikation mit den Regierungsvertretern am Beispiel der Arbeitsgruppe II in einem lesenswerten Interview hier. Gefragt, wie er als Bürger über die Reaktion der Politiker auf die wiessenschaftlichen Erkenntnisse denkt, antwortet er:

"Andererseits ist mir aber nicht klar, ob die Politik die Aufgabe verstanden hat: In den nächsten zwei Jahrzehnten entscheiden die Politiker über das Klima, in dem die Menschheit die nächsten fünfhundert Jahre leben wird. Der Handlungsdruck ist also enorm. Deshalb müssten diese Leute endlich einmal aufhören, nur im Vierjahresrhytmus der Wahlkalender zu denken."