Klimawandel: Tektonische Bewegung innerhalb der religiösen Rechten

USA: Die Southern Baptists erklären, dass die Zeit der Zaghaftigkeit für sie vorüber ist

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der derzeitige Präsident der konservativen Southern Baptist Convention, Reverend Frank Page, sowie dessen Vorgänger Rev. Jack Graham und Rev. James Merritt, haben ihre Haltung zum Klimawandel geändert. In einer viel beachteten Grundsatzerklärung, die von ihnen unterstützt wird, heißt es, dass das bislang von der Konfesssion geübte Engagement in Umweltfragen zu zaghaft war:

"Die Zeit für Zaghaftigkeit, was Göttes Schöpfung angeht, ist vorbei" ("Time for timidity regarding God's creation is no more").

Die bislang geübte und propagierte Haltung der Zaghaftigkeit gilt nun als "gefühl- und rücksichtslos und falsch informiert". Der neuen Einsicht nach muss gehandelt werden, um Katastrophen zu vermeiden.

Wie so oft bei etwas altväterlichen durchwirkten religiösen Vereinigungen muss sich eine im Alltag längst verbreitete Einsicht dort erst hierarchisch gegen mächtige orthodoxe Vorbehalte, Vorurteile und Ignoranz durchsetzen – völlig ungeachtet dessen, was Stand der wissenschaftlichen Forschung ist. So auch bei den Southern Baptists, die zur evangelikalen Bewegung der religiösen Rechten gehören.

Die Southern Baptist Convention ist laut Guardian die zweitgrößte Konfession in den USA, nach den Katholiken - die Protestanten zählt die Zeitung dabei nicht als eine Gruppe, sondern als Vielzahl von Bekenntnissen, die durch diese Aufteilung zahlenmäßig weniger ins Gewicht fallen.

16 Millionen Mitglieder soll die Southern Baptist Convention haben. Seit 1970 spielt sie in der religiösen Rechten eine zentrale Rolle und hat die Regierungen von Reagan sowie Bush 41 und 43 unterstützt. Der "Klimawandel" dürfte entsprechend im republikanisch-gesinnten Milieu der Southern Baptists bislang wohl eher als Reiz- und Schimpfwort der falschen politischen Seite verstanden worden sein denn als Anlass zum schöpfungsfreundlichen Handeln. Als Gründe für den Meinungswandel werden Veränderungen in der Basis angeführt.

Die Mega-Kirchen müssen beweglich bleiben, um relevant zu bleiben und auf veränderte Einstellungen unter ihren Mitgliedern eingehen – so Erklärungen von Experten. Für den Mitverfasser der Erklärung vom gestrigen Montag, James Merritt, hat die veränderte Haltung natürlich erhabenere Gründe. Der Ruf zur "Environmental Action" wurde ihm offenbart, bei einem baptistischen Seminar:

"The Lord spoke to me in that class through my theology professor, who said we receive revelation from God not only through His word, the Bible, but also through His creation, nature. When we destroy His creation, it is no different to tearing a page from the Bible."

Sollte die klimatische Wende den Großteil der Mitglieder der Southern Baptists erfassen, so könnte der republikanische Kandidat McCain davon profitieren. Der liegt nämlich im Clinch mit Parteikollegen wegen seiner Haltung zum Klimawandel – das könnte sich mit der "tektonischen Plattenverschiebung innerhalb der reliösen Rechten" (Guardian) jetzt ändern.