Kopfgeld auf Gaddafi

Britische Spezialeinheiten seit Wochen in Libyen im Einsatz

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Es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis die Rebellen in Libyen endgültig das Gaddafi-Regime zum Fall gebracht haben. Möglich wurde dies, auch wenn es wesentlich länger als zunächst gedacht gedauert hat, durch die aktive Mithilfe von Nato-Staaten, die den UN-Auftrag zum Schutz von Zivilisten sehr eigenwillig ausgelegt haben, um den Sturz von Gaddafi, der noch bis vor kurzem wegen der Ölressourcen des Landes und wegen der Abwehr von Migranten aus Afrika hofiert wurde, zu bewirken.

Der Nationale Übergangsrat hat mittlerweile auf den untergetauchten Gaddafi ein Kopfgeld von 1,1 Millionen Euro ausgesetzt. Das erhält, wer den gestürzten Diktator, der nach seinen Worten als Märtyrer sterben will, tot oder lebendig findet. Gestiftet wurde es von reichen Libyern. Der Körper des Machthabers wird wie immer in der Geschichte gebraucht, um den Sieg zu dokumentieren und zu demonstrieren, dass nun eine neue Rechtsordnung herrscht. Das Opfer des Tyrannen kann oder soll die unterschiedlichen Interessen der Aufständischen vereinen. Aus einer vorübergehenden Anti-Koalition soll schließlich nicht Chaos oder Bürgerkrieg, sondern eine demokratische Ordnung entstehen. Libyen hat gute Chancen, bessere jedenfalls als Tunesien oder Ägypten, weil das Land reich ist und weil der Gaddafi-Clan im Ausland viele Milliarden deponiert hat, die nun dem Übergang zu einer neuen, hoffentlich demokratischen Ordnung zur Verfügung stehen, wenn die eingeforenen Guthaben dem neuen libyschen Staat übergeben werden sollten.

Leicht wird eine Einigung nicht werden, denn Libyen ist eigentlich zweigeteilt. Ob sich Westen und Osten wirklich zusammen finden werden, wird abzuwarten sein. Die Aufständischen aber haben gezeigt, dass auch eine Revolte von unten mit primitiven Waffen und eher chaotischer Organisation ein tyrannisches System stürzen kann. Zumindest wenn die militärische Hilfe von fremden Staaten gewährleistet ist, die mit der Luftwaffe ungehindert Ziele bombardieren und ausschalten kann.

Vermutet wurde schon länger, dass den Aufständischen nicht nur aus der Luft, sondern auch durch Waffenlieferungen und Sondereinheiten am Boden geholfen wurde. Offiziell durfte das freilich nicht eingestanden werden, nun will der Telegraph erstmals eine Bestätigung erhalten haben, dass die britischen Spezialeinheiten der SAS den Aufständischen seit Wochen geholfen haben. Nach dem Einmarsch in die Hauptstadt Tripolis sollen die britischen Soldaten, die sich bislang so gegeben haben, als wären sie libysche Rebellen, sich nun darauf konzentrieren, Gaddafi zu fangen. Dass Soldaten am Boden agieren, ist allerdings eine Verletzung der UN-Resolution. Aber was die Einen machen dürfen, ist Anderen natürlich verwehrt.