La Grande Nation auf Schlingerkurs nach China

Eine Demonstration von Reporter ohne Grenzen vor der chinesischen Botschaft war erst verboten, dann doch wieder erlaubt worden.

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Reporter ohne Grenzen durften nach einer Eilentscheidung in letzter Minute nun doch während der Eröffnung der Olympischen Spiele vor der chinesischen Botschaft in Paris für eine Verbesserung der Menschenrechte und der Pressefreiheit demonstrieren. RSF hat gegen das polizeiliche Verbot vom Mittwoch Einspruch erhoben, aber erst heute Mittag wurde das Verbot aufgehoben. Allerdings hat die Polizei dann doch wieder den Zugang zur Botschaft versperrt, nachdem die Demonstranten, die sich nach dem Verbotsbescheid sicherheitshalber an einem anderen Ort getroffen hatten, dorthin ziehen wollten. In zahlreichen anderen Städten wie London, Madrid, Berlin oder Washington hatte es hingegen keine Schwierigkeiten gegeben.

RSF hat schon lange eine Kampagne gegen China gestartet, die neben Protestaktionen vor den Botschaften auch zu einer "virtuellen Demonstration vor dem Olympia Stadion in Peking während des Eröffnungsspektakels aufrief. Gestern wurde die Webseite von Hackern angegriffen, erklärte RSF. Die Vermutung bestand, dass die , auf der man an der virtuellen Demonstration teilnehmen konnte, mit einem Schadprogramm versehen worden sein könnte. Das sei aber nicht der Fall, hatte die Organsiationen heute versichert.

Der französische Präsident Sarkozy wurde aufgefordert, nicht an diesem teilzunehmen. Aber der ließ es sich nicht nehmen, wie viele andere Regierungschefs auch, bei der Feier anwesend zu sein. Dadurch vermeidet er auch, den Dalai Lama treffen zu müssen, was er seine Frau erledigen lässt. Noch im März hatte er erklärt, dass er die Eröffnungsfeier boykottieren werde, wenn die chineische Führung nicht Gespräche mit Vertretern der tibetanischen Exil-Regierung aufnimmt. Nachdem zudem auch der Fackellauf durch Paris die Beziehungen mit China erschwert haben, wollte Sarkozy das nun wieder gut machen und jongliert seitdem zwischen Annäherung an China und Kritik an der Verletzung der Menschenrechte. Vermutlich fürchtete die Stadtverwaltung, dass eine Demonstration vor der Botschaft erneut die Beziehungen belasten könnte, weswegen ausgerechnet eine Demonstration für mehr Menschenrechte und Pressefreiheit verboten werden sollte.

Sarkozy hat heute bekundet, mit chinesischen Regierungsmitgliedern die Menschenrechtsfrage anzusprechen und ihnen Listen mit Namen von Gefangenen zu übergeben. Es sei eine Gelegenheit, die Chinesen zur Freiheit und zur Öffnung zu begleiten. Wie soll man das machen, so Sarkozy, wenn man nicht in einen Dialog eintrete. Und überhaupt: "Man kann nicht ein Viertel der Menschheit boykottieren."