"Libyen wird wie Saudi-Arabien oder Iran aussehen. Warum nicht?"

Gaddafi-Sohn Said al-Islam kündigt Zusammenarbeit mit den Islamisten an, die aber davon (noch) nichts wissen wollen

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Das Gaddafi-Regime klammert sich an die Macht und dreht zu diesem Zweck auch die bislang verfolgte Ideologie und Politik schnell mal um. Waren bislang die Aufständischen Kriminelle und vor allem Islamisten, die auch den Westen bedrohten, so kündigte nun Gaddafis Sohn Saif al-Islam in einem Interview mit der New York Times an, man werde nun mit den Islamisten eine Allianz bilden, um die liberal gesinnten Aufständischen niederzuschlagen. Saif hatte auch schon mal Wahlen angekündigt oder versprochen, dass der Krieg in einem Blutbad enden werde.

"Die Liberalen werden fliehen oder getötet werden", sagte Saif al-Gaddafi, der sich vor dem Bürgerkrieg gerne als westlich orientierter Demokrat und Liberaler dargestellt hatte. Und er versicherte, dass man dies zusammen mit den Islamisten machen werde: "Libyen wird wie Saudi-Arabien oder Iran aussehen. Warum nicht?" Zwar bezeichnete er die Islamisten weiterhin als blutige Terroristen, denen man nicht vertraue, aber man müsse mit ihnen zusammen arbeiten, weil sie die "wirkliche Macht auf dem Boden" darstellen würden.

Ob er dies wirklich ernst meint oder es sich nur um eine Provokation handelt, muss vorerst dahin gestellt bleiben, allerdings hat sich der Gaddafi-Sohn schon mal einen Bart wachsen lassen und spielte während des Interviews mit einer Gebetskette, wie es in der New York Times heißt. Und klar ist auch, dass sich das Gaddafi-Regime an jeden Strohhalm klammern will, um an der Macht zu bleiben. Gesprochen habe er mit Ali Sallabi, dem "wirklichen Führer" der Aufständischen, der einräumt, dass es Gespräche gegeben habe. Er halte aber weiterhin an den Forderungen der Aufständischen nach einer Demokratie ohne den Gaddafi-Clan fest, in den Gesprächen sei es eben um den Rücktritt Gaddafis gegangen. Aber das sagt noch nichts, wenn sich das Blatt erst einmal zugunsten des Gaddafi-Regimes wenden sollte. Saif meinte jedenfalls, dass man eine gemeinsame Erklärung in ein paar Tagen in Tripolis und Bengasi veröffentlichen werde und kündigte an, dass es im Ramadan noch Frieden geben werde.

Manche führen die Ermordung von General Abdel Fattah Junis, der die militärischen Aktionen der Aufständischen leitete, davor aber langjähriger Vertrauter Gaddafis war, auch auf die Islamisten unter diesen zurück. Wäre dies so, könnte sich dies auch einer Kooperation mit Gaddafi verdanken. Noch aber ist unklar, wer wirklich dahinter steht und aus welchen Gründen der General getötet wurde. Für Said war die Ermordung eine Aktion der Islamisten, die die Macht übernehmen und die Liberalen vertreiben wollen. Er habe mit diesen bereits vereinbart, dass sie "eine islamische Zone wie Mekka" einrichten könnten. Die übrigen Aufständischen nannte der Gaddafi-Sohn "Ratten" und den Nationalen Übergangsrat einen "Witz". Er gab sich überdies sicher, obwohl die Aufständischen näher auf Tripolis vorgerückt sind, dass diese jeden Tag an Macht verlieren würden, während das Gaddafi-Lager "vereinter, entspannter, zuversichtlicher" geworden sei.