Marketing-Kultur im Kultur-Marketing

Zum Einstand: Ein Blick auf fragwürdige Marketing-Mechanismen.

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Eine Pressemeldung trudelt ein: Der neue Indiana Jones-Film, regulärer Start am 22. Mai 2008, darf schon – oh, Sensation! – ab dem 21. Mai um 20 Uhr in Preview-Vorstellungen gezeigt werden. „Wir würden uns freuen, wenn Ihnen diese besondere Aktion eine Meldung wert wäre.“ Ist sie, hiermit.

Allerdings nicht, ohne gewisse Mechanismen der Branche einmal zu hinterfragen: Während Viralmarketing – also unter anderem auch das Streuen vermeintlich echter Userkommentare in diversen Foren – auch vor Lucasfilm-Produkten nicht Halt macht, ist es ja noch vergleichsweise harmlos, wenn sich die Indy-betreuende Agentur mit ihrer Meldung an Kollegen (und offensichtlich: mich) richtet, die dergleichen Meldung dankbar unters Volk streuen. Eine „besondere Aktion“ ist diese Preview-Erlaubnis für den Vortag des regulären Starts natürlich keineswegs, sondern für Blockbuster durchaus üblich.

Ein weiteres Beispiel aus den durchsichtig-undurchsichtigen Marketingstrategien der Kulturindustrie: Für „Ruinen“, Kinostart am 12. Juni, werden Pressevorführungen angesetzt – und 43 Minuten später widerrufen. Eine Anfrage bei der betreuenden Agentur ergab, dass Universal seine „screening policy“ für den Film geändert hat. Ein Schelm, wer Böses (also einen Film, den die Verantwortlichen lieber nicht vorab der Presse zeigen wollen) dabei vermutet.

Ärgerlicher ist allerdings schon Folgendes: Da verschickt ein Label Rezensions-„DVD“s, und die Anführungszeichen sind berechtigt. Nicht nur musste „Seed“ für eine Freigabe sichtlich Federn lassen, der Journalist bekommt außerdem ein grieseliges, 3,4 GB belegendes, Bild mit Timecode am oberen Rand zu sehen – auf einem selbstgebrannten und –bedruckten DVD-Rohling. Nur deutscher Stereo-Ton, natürlich. Und: „Bitte senden Sie uns die Check-Disc schnellstmöglich (…) zurück, da wir nur über ein sehr begrenztes Kontingent an Presse-DVDs verfügen. Da wir gerne noch weitere Medien mit Ansichtsexemplaren beliefern wollen, sind wir auf die bereits versendeten Muster angewiesen.“ Weitere Rohlinge hätten den Werbe-Etat dieses Uwe Boll-Films vermutlich gesprengt.