Massenepidemie Blindheit

Blindness von Fernando Mereilles ist ein mitunter schockierender, aber furchtbar kitischiger Eröffnungsfilm.

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

"Blindheit" - was für ein Titel ausgerechnet für den Eröffnungsfilm eines Filmfestivals! Blindness, der dritte Film des Brasilianers Fernando Mereilles nach "City of God" und "Der ewige Gärtner", ist die ziemlich texttreue Verfilmung eines Romans des Portugiesen José Saramágo. Überraschend zeitbezogen wirkt die Handlung, die sich in die neue Konjunktur des Apokalyptischen fügt, die seit dem 11.9.2001 im Kino - etwa "Children of Men" von Cuaron, Boyles "28 Days Later", oder "I Am Legend" - und in der Literatur - Frank Schätzings "Der Schwarm", "Die Straße" von Cormac McCarthy - grassiert.

In einer nicht näher bezeichneten kosmopolitischen Metropole in naher Zukunft wird Blindheit plötzlich zu einer Massenepidemie. Die Gesellschaft schlägt zurück und interniert die Erkrankten in einem Lager, wo sie sich selbst überlassen sind. Julianne Moore spielt die einzige Sehende in dieser Gesellschaft der Blinden, sie hatte sich aus Solidarität mit ihrem Mann blind gestellt.

Blindness von Fernando Mereilles
Blindness von Fernando Mereilles

"Blindness" ist vor allem eine soziale Metapher, die in grellen Farben ausmalt, wie unter den Internierten die zivilisatorischen Schranken zusammenbrechen. Ein mitunter schockierender, ungewöhnlicher Eröffnungsfilm, der am Ende eine plötzliche Kurve ins sentimentale Happy End nimmt - davor aber auf der Klaviatur verschiedenster Gefühle spielt. Da ist alles dann doch fürchterlich kitschig, und auch ansonsten eher fragwürdig. Julianne Moore mutiert von einer frustrierten Hausfrau in eine "starke Frau", bleibt aber im Prinzip unter geänderten Vorzeichen doch immer was sie am Anfang ist - the constant housewife, einkaufend, waschend, putzend. Im Hintergrund klimpert im richtigen Moment immer Bachmusik. Und die Moral des Film ist schlicht und billig: Auch die Katastrophe ist zu was gut, wenn nur die Menschen draus lernen.