Modell Frankreich: Sozialdemokraten können mit absoluter Mehrheit regieren

Der sozialdemokratische Präsident Hollande kann sich nach der gestrigen Wahl auf solide Mehrheitsverhältnisse in Parlament und Senat stützen. Das System Sarkozy ist endgültig abgewählt

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Aus den politischen Mehrheitsverhältnissen werden ihm für längere Zeit keine Schwierigkeiten erwachsen: Frankreichs neuer Präsident Hollande, oberster Chef der Exekutive, kann auf wichtige legislative Mehrheiten bauen. Mit den gestrigen Wahlergebnissen stützt er sich auf Mehrheiten seiner Partei PS im Parlament und im Senat und auf kommunaler Ebene (nur für Verfassungsänderungen braucht er die Hilfe anderer Parteien, um mit 4/5 der Stimmen die notwendige Mehrheit zu erreichen). Mit der gestrigen Wahl ist der lange Wahlkampf in Frankreich beendet und das System Sarkozy abgewählt, wie sich gestern bei der Niederlage namhafter Vertreter, Guéant, Morano, Alliot-Marie, der alten rechten Mehrheit zeigte.

Die Sozialdemokraten (PS) schafften gestern zusammen mit ihren kleineren Verbündeten ( MRC und PRG), die absolute Mehrheit im Parlament. Noch sind die Ergebnisse nicht bis auf den letzten Abgeordnetenplatz ausgerechnet und offiziell bestätigt, aber Grundsätzliches wird sich an dieser Bilanz nicht ändern: das linke Lager kommt auf 346 Sitze, das rechte auf 226 Sitze. Wichtig ist, dass die Parti Socialiste davon allein 300 Sitze gewonnen hat, was unabhängig macht vom Abstimmungsverhalten der kleineren Parteien.

So kann man nun in den nächsten Monaten in Frankreich einer sozialdemokratischen Regierung mit großer Machtfülle dabei beobachten, wie sie mit der Krise umgeht, welche Lösungen sie findet. Das deutsche Modell, für das Sarkozy und Teile der Verlierpartei UMP warben, wurde nicht gewählt. Es wird sich zeigen, wie das Modell Hollande funktioniert, das einen rigiden Sparkurs mit staatlicher Ausgabenpolitik ergänzen will, um gegen die Rezession zu kämpfen

Zwar wird in vielen Kommentaren darauf hingewiesen, dass der Sieg der PS historisch sei und erneut werden Parallelen zum Anfang der 1980er Jahre, zur Zeit Mitterands hergestellt, doch ist die Euphorie angesichts der schwierigen Situation deutlich gebremst. Es wurde gestern nicht laut gefeiert. Der neue Premierminister Jean-Marc Ayrault hatte zuvor angekündigt, dass keiner aus seinem Kabinett auf dem Ministerposten bleiben dürfe, wenn er in seinem Wahlkreis nicht gewinne. Dass der Fall nicht eingetreten ist, wurde mit Zufriedenheit als Bestätigung aufgefasst. Große konkrete Versprechungen, an denen man sich messen muss, wurden nicht gemacht.

Freuen dürfen sich die Grünen (Europe Ecologie-les Verts). Zum ersten Mal ist die EEV mit genügend Abgeordneten in die Assemblée gewählt (18), dass sie Fraktionsstärke haben. Für die Mehrheit bei Abstimmungen sind ihre Stimmen nicht notwendig, das könnte ihr Möglichkeiten geben, sich zu profilieren.