Mövenpick II

In der FDP beschäftigt man sich in der Bundestags-Sommerpause mit Griechenlandurlaubssubvention

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Anfang der Nuller Jahre, als ihr damaliger Anführer Guido Westerwelle die RTL-Show Big Brother besuchte und Schuhsohlen mit dem angestrebten Wahlziel "18" (Prozent) trug, fing sich die FDP das Prädikat "Spaßpartei" ein. Seit Westerwelles Abgang als Parteivorsitzender hörte man es im Zusammenhang mit den Liberalen lange Zeit nur noch dann, wenn der Titanic-Parteivorsitzende Martin Sonneborn Erklärungen abgab, denen er wie Cato der Ältere formelhaft hinzufügte, seine Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (PARTEI) sei ja "keine Spaßpartei, so wie die FDP".

Nun schafften es zwei Hinterbänkler, das alte Image der Blau-Gelben wieder etwas in den Vordergrund zu rücken: Sie schlugen vor, zur Lösung der Euro-Krise Deutschen den Griechenlandurlaub zu subventionieren. Das würde nach Ansicht des durch eine Doktorarbeitsplagiatsaffäre bekannt gewordenen Europaabgeordneten Georgios Chatzimarkakis und des Bundestagsabgeordneten Erwin Lotter einen Anreiz schaffen, in die Ägäis zu reisen und dort Geld auszugeben, das die dortigen Hotelbesitzer und Kneipiers offenbar versteuern und so zum Abbau der griechischen Staatsschulden beitragen sollen.

Abgesehen davon, dass solch ein " Konjunkturprogramm" für eine Partei, die sich den Antietatismus auf die Fahnen geschrieben hat, bemerkenswert neokeynesianisch wirkt, hat es auch einige evidente Schwächen: Weil griechische Hotelbesitzer ähnlich ungern Steuern zahlen wie deutsche, aber deutlich schlechter kontrolliert werden, ist nämlich keineswegs sicher, dass das ausgegebene deutsche Steuergeld wirklich im griechischen Staatshaushalt landet. Dass der Vorschlag aus diesem Blickwinkel betrachtet etwas an die Mövenpick-Affäre erinnert, mit der sich die Liberalen zu Anfang der Legislaturperiode beim Wähler unbeliebt machten, fiel offenbar auch Parteichef Philipp Rösler auf, der ihn öffentlich für "absurd" erklärte.

In Deutschland ist die Neigung zu Griechenlandfahrten 2012 bislang geringer als in früheren Jahren und Jahrzehnten: Im Tourismusgewerbe spricht man in diesem Zusammenhang von einem Buchungsrückgang zwischen 25 und 30 Prozent. Da sich solch ein Rückgang durch das Wetter oder die Konkurrenz anderer Mittelmeerländer eher schlecht erklären lässt, gehen viele Beobachter davon aus, dass dabei auch die Furcht eine Rolle spielt, für Entscheidungen der EU und der Bundesregierung in Kollektivhaftung genommen und entsprechend schlecht behandelt zu werden.