Nicht nur der Finanzsektor erleidet einen Vertrauensschwund

Nach dem aktuellen Deutschlandtrend erodiert das Vertrauen in die Regierung und die einstmals großen Parteien.

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die Deutschen sind sauer auf die Banker und Spekulanten, die im globalen Casino mit ihren Wetten für die Finanzkrise gesorgt haben. Viele habe viel verdient, wenn es um die Verluste geht, müssen nun die Staaten und die Bürger herhalten. 95 Prozent der im aktuellen Deutschlandtrend Befragten stimmten zu, dass sie sich ärgern, wenn am Schluss doch immer wieder der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird. Gleich wohl meinen 59 Prozent dennoch, dass der Staat einspringen soll, um den Banken im Notfall zu helfen. Allerdings lehnen das 39 Prozent ab. Zwar bröckelt das Vertrauen, aber mit 56 Prozent glaubt noch immer die Mehrheit daran, dass ihr Geld sicher ist.

Auch wenn die Regierung für Vertrauen wirbt, ist sie womöglich selbst nicht mehr die richtige Instanz, da die Menschen ihr und den so genannten Volksparteien immer weniger Vertrauen schenken. Die Erosion des Vertrauens mag aktuell vom Finanzsektor ausgegangen sein, aber sie betrifft die gesamte politische Ebene und letztlich die Gesellschaft, weil man sich offenbar immer weniger vorstellen kann, wer sie wie zum Guten führen kann.

Auf die Frage, welche Partei am sorgsamsten mit dem Geld der Steuerzahler umgeht, nennen jeweils nur 17 Prozent SPD oder CDU, 40 Prozent will dieser keiner Partei zugestehen. Nicht sehr viel besser für die Volksparteien sieht es bei der Frage aus, wer ein "gerechteres Steuer- und Abgabesystem" realisieren könne. Die SPD liegt zwar mit 24 Prozent leicht vor der CDU mit 21 Prozent. Aber ein Vertrauensbeweis für die schon arg geschrumpften "großen" Parteien ist das nicht.

Jörg Schönenborn vom WDR interpretiert die Ergebnis so, dass das Vertrauen in die Wirtschaftskompetenz der Parteien sinkt, es sinkt aber eigentlich das Zutrauen überhaupt in die Leistungsfähigkeit von diesen, was sich auch daran zeigt, dass die großen Parteien weiter schrumpfen und mit gerade einmal 50 Prozent womöglich gerade noch eine große Koalition schaffen würden. FDP und Grüne legen ein wenig zu, die Linken verlieren 2 Prozent und kämen noch auf 11 Prozent, was derzeit heißt, dass man ihnen wirtschaftlich auch nicht recht traut. Dafür wächst das Lager der Nichtwähler und Unentschiedenen. Die Orientierung geht verloren.

Erstaunlich ist nur, dass Bundeskanzlerin Merkel weiterhin die beliebteste Politikerin ist. Knapp vor Steinmeier, aber in manchen ihr zugeschriebenen Kompetenzen deutlich vor ihm. Der Erfolg von Merkel als Landesmutti dürfte wohl vor allem daher rühren, dass die nicht mit Kanten und umstrittenen Positionen auffällt, sondern das Feld von hinten dirigiert. Letztlich dürfte sie aber allerdings auch durch das mangelnde Profil ein entscheidender Faktor für den Vertrauensschwund in die Regierung und die großen Parteien sein. Man hat zwar vielleicht nichts gegen sie, aber man erwartet auch nicht viel.