Paul Hansen Schmidt? Oh, Sie sind also homosexuell!

Außer Kontrolle

Der österreichische Verfassungsgerichtshof hat der "Bindestrichregelung" bei eingetragenen Partnerschaften eine Absage erteilt. Aber ist das eigentlich wichtig?

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Das 1991 gegründete Rechtskomitee LAMBDA (RKL) arbeitet überparteilich und überkonfessionell für die umfassende Verwirklichung der Menschen- und Bürgerrechte gleichgeschlechtlich l(i)ebender Frauen und Männer. Das in Österreich ansässige RKL ist nicht nur für die Betroffenen daher ein steter Informationsquell, sondern zeigt insbesondere auch im Bereich der informationellen Selbstbestimmung auf, wie Datenschutz, sexuelle Selbstbestimmung und gesellschaftliche Ausgrenzung miteinander verzahnt sind.

Ein Bindestrich offenbart vieles

Ein Beispiel hierfür ist die "Bindestrichregelung". Für Ehen gilt in Österreich die Regelung, dass bei der Annahme eines Doppelnamens die beiden Namen durch einen Bindestrich miteinander verbunden werden. Bei gleichgeschlechtlichen Paaren, die in einer eingetragenen Partnerschaft (eP) leben, gilt diese Regelung nicht, was vom Innenministerium so interpretiert wird, dass bei eben diesen Paaren der Bindestrich nicht zum Tragen kommt. Das Ergebnis dieser Überlegung ist, dass jemand, der in einer eP lebt und sich für einen Doppelnamen entscheidet, automatisch bei Abgabe einer Unterschrift seine sexuelle Orientierung offenbaren muss.

Für Nichtbetroffene ist es oft schwer nachzuvollziehen, wieso dies ein Problem sein soll, doch zum einen sind trotz prominenten homosexuellen Paaren viele Menschen der gleichgeschlechtlichen Liebe gegenüber noch negativ eingestellt, beleidigende Sprüche, abwertende Bezeichnungen und dergleichen mehr sind leider kein Relikt aus der Vergangenheit; zum anderen ist es aber nicht nachvollziehbar, wieso nicht auch diejenigen, die in einer eP leben, die Möglichkeit haben sollen, sich einen Namen auszusuchen, der nicht automatisch auf ihre Art des Lebensentwurfes hinweist. Umgekehrt ist für diejenigen, die in einer Ehe leben, nicht ersichtlich ist, wieso sie nun bei der Auswahl eines Doppelnamens dem Bindestrich nicht ausweichen können - warum also hier zwischen der Ehe und der eP überhaupt unterschieden wird.

Für viele ist dies eher ein abstraktes Problem, das mit informationeller Selbstbestimmung nichts zu tun hat. Das zeigte sich auch daran, dass die Tatsache, dass Betroffene durch das in vielen Bereichen vorgeschriebene Impressum ihren sexuellen Lebensentwurf zwangsouten muss(t)en, als "konstruiertes Problem" angesehen wurde.

Der Verfassungsgerichtshof hat sich nun mit diesem Problem befasst. Dieser hat am 22.09.2011 entschieden, dass auch eingetragene Partner ihren Doppelnamen, wie Ehepartner, mit Bindestrich bilden. Auch homosexuelle Paare genießen, so die 13 RichterInnen, den verfassungsgesetzlichen Schutz der Familie (Rz 21). Benachteiligungen eingetragener Paare gegenüber Ehepaaren bedürfen besonders schwerwiegender Gründe (Rz 21f). Abgrenzungen als Selbstzweck (aus Prinzip) erklärte der Verfassungsgerichts für unzulässig (Rz 23).

Das RKL appelliert nun an die österreichische Bundesregierung, endlich "Vernunft walten zu lassen" und den Urteilsspruch des Verfassungsgerichtshofes in den Gesetzen entsprechend umzusetzen.