"Pfusch" und "Profitgier" - BP am Pranger

Dem Unternehmen werden größere Nachlässigkeiten bei der Bohrung im Golf vorgeworfen

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Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur pressetext. austria, die nach eigenen Angaben "vertrauliche Informationen" besitzt und sich auf die Expertise des "Erdöl-Experten Paul Fink" (Vorstandsmitglied von des australischen Öl- und Gasexplorationsunternehmens AuDAX Resources und damit in Konkurrenz zu BP) stützt, habe BP bei der "Deep Water Horizon-Bohrung" Gefahren bewusst in Kauf genommen, Mitarbeiter unter Druck gesetzt und das Risiko unterschätzt.

"Der Erfolgs- und Kostendruck war immens. Der BP-Konzern hat für die Bohranlage eine Tagesmiete von fast einer halben Mio. Dollar an Transocean gezahlt, mit Nebenkosten sogar eine Mio. Dollar pro Tag." Paul Fink

Konkret wird BP nach Informationen der Nachrichtenagentur vorgeworfen, dass der Konzern "bewusst unzureichende Rohrabdichtungen in Kauf genommen habe" und aus Kostengründen auf den Einsatz einer Zement-Sonde verzichtet habe, obwohl BP-Techniker schon drei Wochen nach den Bohrungen festgestellt haben sollen, "dass in 4.000 Metern Tiefe unerwartet Gas vom Gestein in die Bohrung drang".

Bp habe sich auch Empfehlungen von Halliburton gegenüber gesperrt.Das Unternehmen, das ebenfalls wegen seiner Rolle bei der Ursache der Katastrophe untersucht wird, soll beim Zementieren des Bohrlochs "unerwartet auf schwierige Bedingungen" gestoßen sein und laut den Quellen der Nachrichtenagentur auf Nachbesserungen bei der Zement-Abdichtung gedrängt haben. Darauf sei BP aber nicht eingegangen. Doch bereits vor der Zementierung habe man wichtige Arbeitsschritte unterlassen, wahrscheinlich aus Zeit-und Kostengründen. Man hätte den Bohrschlamm nach oben bringen müssen - ein Vorgang, der "bottoms up" genannt wird - und ihn auf Gasgehalt überprüfen müssen. Da dies nicht geschehen sei, habe man "Gas am tiefsten Punkt der Bohrung übersehen".

"Ein Alptraum"

Bis zu acht Millionen Liter Öl sollen täglich vom BP-Bohrloch in den Golf von Mexico austreten, gab die Direktorin des Geologischen Dienstes, Marcia McNutt, bekannt (siehe dazu auch Öl und noch mehr Öl. Die Schätzungen variieren allerdings beträchtlich, wie dies Berichten über die Flow Rate Technical Group in US-Medien zu entnehmen ist. Marcia McNutt hält sich mit ihren Zahlen weit hinter Schätzungen, die sich auf bis zu 100 000 Fass (Barrel), etwa 16 Millionen Liter, belaufen.

Drei unterschiedliche Teams, die ihre Schätzungen entweder auf Videoaufnahmen, Satellitenaufnahmen oder anderen Grundlagen ("hydrothermal vents") basieren, treffen sich allerdings in einem Punkt: der Ausstrom ist sehr viel größer, als immer wieder angegeben wurde.

An dieser grundsätzlichen Lageeinschätzung besteht kein Zweifel, auch wenn, wie es heißt Unsicherheiten darüber bestehen, wie hoch die Menge Öl ist, die derzeit von BP abgefangen werden kann und auf ein Schiff gepumpt wird (laut Washington Post könnte die Menge etwa 15 000 Barrel betragen). Die Schätzungen der Flow Rate Technical Group wurden allesamt noch vor dem 3.Juni ermittelt. Bevor das Steigrohr abgesägt wurde und der Absaug-Trichter aufgesetzt werden konnte. Zwischenzeitlich ist laut Experten dadurch noch mehr Öl aus dem Steigloch ins Meer geflossen. Neue Messungen, die dies berücksichtigen, sollen in den nächsten Tagen folgen.

"Das ist ein Alptraum, der jede Woche schlimmer wird", so Michael Brune, Direktor des Sierra Clubs mit der seit Anfang des Desasters gültigen Einsicht: "Wir können den Schätzungen von BP über die Menge des austretenden Öls ganz offensichtlich nicht trauen."

Konflikte bei Aufräumarbeiten

Mit den Zahlen der von der Regierung eingesetzten Flow Rate Technical Group will die Regierung den Druck auf BP deutlich erhöhen, was die Schadenswiedergutmachung betrifft, deutlich erhöhen, heißt es. Obama habe die BP-Führung für Anfang nächster Woche einbestellt. Der Druck auf die Regierung nimmt zu, seit immer mehr Bilder von ölverschlickten Vögeln an die Öffentlichkeit kommen. Auch Konflikte bei den Aufräumarbeiten zwischen BP, der Küstenwache und Vertretern lokaler Interessen häufen sich, wie amerikanische Zeitungen berichten:

"We're at war here. I have spent more time fighting the officials of BP and the Coast Guard than fighting the oil."