Platzt Schäuble bei Griechenland der Kragen?

Schäuble meint, die Eurogruppe müsse Druck machen und einen Plan B vorbereiten

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Offenbar platzt dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble der Kragen, weil die Verhandlungen mit Griechenland nicht in seinem Sinne vorankommen. Das berichtet die spanische Tageszeitung El Mundo, mit Bezug auf hochrangige Quellen in der EU-Kommission. Die Verhandlungen dürften sich nicht mehr weiter in die Länge ziehen, forderte er. Schäuble soll seinen Kollegen im privaten Gespräch in Bezug auf Griechenland erklärt haben:

Entweder die griechische Regierung nimmt an oder sie lässt es sein.


Er meint damit, dass die Syriza-Regierung die Auflagen anerkennen müsse, die mit den Vorgängern vereinbart wurden. Und wenn sie das nicht wolle, müsse sie den Euro verlassen. Die EU-Kommission solle mit Nachdruck an einem Plan arbeiten, der die Auswirkungen eines Austritts in Grenzen hält. Denn auch bei Schäuble war zwischenzeitlich angekommen, dass die Folgen eines solchen Schritts unabsehbar sind. Doch offenbar hat er die alte Formel noch nicht beerdigt, dass ein Rauswurf "verkraftbar" sei.

Wie ein Rauswurf, abgesehen von möglichen Verwerfungen auf den Finanzmärkten, ablaufen könnte, ist ohnehin völlig unklar. Auch Schäuble ist aber klar, dass das rechtlich nach bestehenden Verträgen unmöglich ist. Wenn ihm nun der Kragen platzt, dürfte es mit dem Dilemma zusammenhängen, in dem sich auch Schäuble in der Frage befindet. Denn die Möglichkeiten sind sehr begrenzt und sogar die EU-Kommission hat gegenüber Berlin schon einesklargestellt:

Die Mitgliedschaft im Euro ist unwiderrufbar.

Griechenland rutscht derweil immer klarer in die Pleite ab. "Die Lage in Griechenland ist weiter besorgniserregend und belastbare Prognosen sind derzeit kaum möglich", schreibt die Bundesbank in ihrem heute in Frankfurt veröffentlichten Monatsbericht. Deshalb wird eilig überall geplant. Schon Ende April hatte auch der Chef der Eurogruppe Jeroen Dijsselbloem erklärt, die Niederlande und die Euro-Zone seien auf verschiedene Ergebnisse der Verhandlungen mit Griechenland vorbereitet. Das steht aber zu bezweifeln, wenn Schäuble nun darauf dringt, einen Plan B auszuarbeiten.

Nach Angaben des Wall Street Journal bereitet sich der Internationale Währungsfonds (IWF) auf die Griechenland-Pleite vor, um die Auswirkungen für dessen Nachbarn zu mindern. Verwiesen wird auf die Rolle griechischer Banken in den Finanzsystemen in Bulgarien, Mazedonien, Rumänien, Albanien und Serbien.

"Wir stehen im Dialog mit all diesen Ländern", erklärte der stellvertretende Leiter der IWF-Europaabteilung. Jörg Decressin fügte an, dass über "Notfallpläne" und "Maßnahmen" gesprochen werde, die sie in diesem Fall ergreifen können. Es sei töricht, angesichts schleppend verlaufenden Verhandlungen und wiederholter Pleite-Warnungen aus Athen nun nicht besorgt zu sein.

Es scheint, so zeigt auch ein vertrauliches Dokument aus dem IWF-Exekutivausschuss, dass man in Washington die europäischen Partner der Troika auf ein neues Gleis heben will. Der IWF meint, dass Griechenland nicht seinen bevorstehenden Rückzahlungsverpflichtungen nachkommen könne. Nachdem der Fonds aber auf die inverse Beziehung zwischen Reformen und Nachhaltigkeit hinweist, soll offensichtlich der Reformdruck gelockert werden.

Denn der IWF meint damit im Klartext, dass der Absturz umso wahrscheinlicher ist, je stärker die Austeritätspolitik fortgesetzt wird. Schon vor zwei Jahren hat es in der Troika wegen einer Selbstkritik des IWF gekracht. Der Fonds hatte "bedeutende Misserfolge" in Griechenland eingeräumt, weil die Wirkungen der Austerität auf die wirtschaftliche Entwicklung und die Arbeitslosigkeit massiv unterschätzt worden seien.