Reinlegen muss man sich schon selbst

Neben der Spur

Wie hoch die Bereitschaft ist, sich selbst auf einem Datentablett zu präsentieren, zeigt dieser Test. Im Nachhinein

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Klingt alles unglaublich. Spoiler Alert: ist es auch. Ein belgischer Hacker verspricht, dass er jedem mittels 15 gestellter Fragen genau sagen kann, wie er oder sie heißt. Und das löst eine Menge an Euphorie auf mehr als 100 IT Mags aus. Es ist ja auch faszinierend, was Inti de Ceukelaire da auftischt. Oilsjt Analytica ist ein wenig an Cambridge Analytica angelehnt, und das sollte ja an sich schon nervös machen. Und die Tatsache, dass der Herr schon eine gewisse Geschichte mit gewitzten Aktionen im Bereich von Social Media aufzuweisen hat.

Aber nein, eine Menge an Usern lassen sich auf die Website locken und geben brav die Antworten zu den 15 Fragen ein, nur um dann verblüfft festzustellen, dass man auch wirklich als Hubert Meier aus Stuttgart (Entschuldigung, wenn es einen Hubert Meier aus Stuttgart geben sollte. Der Name ist zufällig gewählt, ok, nennen wir ihn doch Harald Taglinger aus Zürich), also wenn es tatsächlich – sagen wir einmal – einen Harald Taglinger aus Zürich geben sollte. Das bestätigt der verdutzte User glücklich über so viel Intelligenz im Internet.

Reingefallen, die Intelligenz ist einseitig,

Denn tatsächlich kann das Orakel wie es ein jeder guter Zaubertrick tut, diese Vorhersage gar nicht treffen. Es spielt vielmehr mit ein wenig Psychologie. Der Trick ist einfach und erinnert ein wenig an den, der jeden Morgen für 20 Jahre mit einem Maultier am Zoll erscheint. Und der Zöllner ist ja nicht blöd, checkt, ob Schmugglerware mit dem Maultier über die Grenze geschafft wird. So geht das jeden Tag, und am Tag seiner Verrentung nimmt der Zöllner den vermeintlichen Schmuggler auf die Seite und sagt: "Gut, Junge, ich werde Dir jetzt eh nichts mehr tun, aber bitte verrate mir doch einfach, was Du in diesen vergangenen 20 Jahren über die Grenze geschmuggelt hast." Und der grinst und sagt:

"Maultiere."

Was das Oilsjt Analytica gemacht hat, war den Namen über ein modifiziertes Facebook und Google Plus Plugin im Hintergrund zu recherchieren. Das hat in 80 Prozent der Fälle unbemerkt für die User funktioniert. Und alles, was Inti de Ceukelaire dann tun musste, war, die 15 Antworten vorher zusammen mit dem Accountnamen in eine Datenbank zu schreiben, sobald der als "richtig" per Button bestätigt wurde.

So einfach kann man uns alle ins Bockshorn jagen und Daten ernten. Man muss wie bei einem guten Zaubertrick die Masche nur umdrehen und eine Wundertüte dort hinstellen, wo nichts anderes als schlechte Verpackung lauert.

Vermutlich hat Inti de Ceukelaire die Daten nachher gelöscht. Er wollte es ja nur zeigen, der Schelm.