Riesiges Amazonas-Gebiet soll privatisiert werden

Es hängt jetzt nur noch von Präsident Lula ab, ob das Gesetz, das illegal angeeignete Ländereien im Regenwald legalisiert, in Kraft treten kann.

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

In Brasilien wird ein riesiges Gebiet des ehemaligen Amazonas-Regenwaldes, das bislang dem Staat gehört hat, demnächst wohl privatisiert. Nutznießer des neuen Gesetzes werden die Menschen sein, die sich vor dem 1. Dezember 2004 illegal Land angeeignet hatten. Unter 76 Hektar erhalten die Landnehmer ihren bislang illegalen Besitz kostenlos. Nach drei Jahren schon können die Ländereien wieder verkauft werden. Grundstücke, die größer als 1500 Hektar sind, sollen versteigert werden, gezahlt werden muss innerhalb von 20 Jahren.

Die beiden Kammern haben das entsprechende Gesetz bereits verabschiedet, nun muss es noch der Präsident Luiz Inácio Lula da Silva unterschreiben, um es in Kraft zu setzen. Es handelt sich um ein Gebiet von 670.000 Quadratkilometer, so El Pais, wenn nicht Lula noch einschreitet – was aber sehr unwahrscheinlich ist. Darunter befinden sich noch 30 Millionen Hektar Amazonaswald, dessen Existenz dann auch bedroht ist.

Katia Abreu, eine Senatorin der Demokratischen Partei (DEM) und Präsidentin des Bauernverbandes, hatte die Gesetzesvorlage eingebracht, um Rechtssicherheit zu schaffen. Die mittlerweile zurückgetretene Umweltministerin Marina Silva, Senatorin der Arbeiterpartei von Lula, hat sich dem aus Gründen des Umweltschutzes entgegen gestellt. Silva wollte zumindest einen Kompromiss erreichen, nämlich dass die neuen Besitzer das Land erst nach 10 Jahren verkaufen dürfen und es nicht von Dritten gekauft werden kann, um Missbrauch und Spekulation zu dämpfen. Auch das wurde in beiden Kammern abgewiesen. Argumentiert wird meist damit, dass dies zugunsten von 400.000 "kleinen" Besitzern geschehe, die das staatliche Land illegal bebaut haben.

Silva fordert Lula auf, die beiden Passagen noch vor seiner Unterschrift einzufügen: "Jetzt geht alles den Bach herunter, wofür 30 Jahre lang in Amazonien gekämpft wurde", sagte sie bitter. "Die Richter, die Todesdrohungen erhalten haben, weil sie gegen die legale Besetzung Amazoniens gekämpft haben, werden die Freudenschreie ihrer Gegner hören." Auch Umweltschützer kritisieren das neue Gesetz scharf. Paulo Adario von Greenpeace sieht damit ebenfalls das Ende eines 30-jähriges Kampfes um die Bewahrung des Regenwaldes.

Auch der derzeitige Umweltminister Carlos Minc hat sich für das Gesetz ausgesprochen, wenn die von Silva vorgeschlagenen Begrenzungen erhalten bleiben, weil es Rechtssicherheit schaffe und strenge Regeln des Umweltschutzes für die neuen Besitzer vorsehe, die beispielsweise nicht weiter den Regenwald roden dürfen und teilweise Wiederaufforstung vorschreibe. Sollte das Gesetz jedoch nach dem Diktat der Landwirtschaftslobby in Kraft treten, wäre das eine "Umweltkatastrophe" und würde das Ende des Amazonasfonds bedeuten, mit dem Brasilien Spenden von anderen Ländern erhalten will, um den Regenwald zu schützen.

Lula hat nun allerdings ein von den Schauspielern Christiane Torloni und Víctor Fasano verfasstes "Amazônia para Sempre" Manifest gegen die Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes unterschrieben, das auch sein Umweltminister befürwortet. Die Schauspieler können bereits über eine Million Unterschriften vorweisen und haben diese dem Präsidenten mit der Forderung übergeben, ein Programm zur schnellen Wiederaufforstung aufzulegen. Minc will den Vorschlag mit anderen Ministern diskutieren, kündigte aber schon mal an, dass er nicht zurücktreten werde, wenn er sich nicht durchsetzen kann.