Saudi-Arabien will Ölproduktion fördern

Ölscheichs werden „nervöser“

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Zweimal schon, im Januar und jüngst im Mai, hat der amerikanische Präsident Bush das Haus Saud in diesem Jahr aufgesucht, mit der Bitte an König Abdullah, die Ölproduktion zu steigern. Hintergrund waren die hohen, anhaltend steigenden Preise für den kostbaren Rohstoff, welche die amerikanische Wirtschaft – und freilich nicht nur die allein - nervös machten. Spekulationen über Peak-Oil, die in den letzten Monaten lauter denn je geworden sind, spielten wahrscheinlich auch mit hinein in das Ansuchen an den mächtigsten aller Ölscheichs.

Das jedoch wurde nicht gewährt und der amerikanische Präsident schnitt in der Presse nicht allzugute ab (wenngleich manche nach dem jüngsten Besuch im Mai auf einen geplanten, allem Anschein nach sehr lukrativen Sicherheitsdeal zwischen den USA und SA hinwiesen). Der Preis für das Fass Öl stand bei $127.

Heute meldet die New York Times, dass Saudi-Arabien, seine Ölproduktion um eine halbe Million Barrel pro Tag steigern will, weil, so die mitgelieferte Expertenerklärung, die „Saudis zunehmend nervöser werden, was die politische und wirtschaftliche Wirkung der hohen Ölpreise anbelangt.“ Erwähnt in diesem Zusammenhang werden die Proteste in Europa und Indonesien.

Die saudische Ölförderung würde demnach ab nächsten Monat bei etwa 10 Millionen Barrels am Tag liegen, der höchsten Produktionsrate, die, wenn die sie denn durchgehalten würde, die Saudi-Arabien jemals realisiert habe, schreibt die Zeitung. Derzeit würden täglich 9,45 Millionen Fässer Öl gefördert, auch das eine Steigerung von etwa 300.000 Fässern im Vergleich zum Vormonat. Die letzte Produktionssteigerung wurde erst wenige Tage vor Bushs Besuch beschlossen. Damals behauptete der saudische Ölminister Ali al-Naimi, dass mit dieser Steigerung, die auf Wunsch von Kunden hin geschehen sei, Nachfrage und Angebot im Gleichgewicht seien.

Einen Monat später, der Preis für das Fass Öl bewegt sich stetig auf die 150 Dollar-Marke zu, sieht man die Dinge in der saudischen Führung offenbar anders. Die Informationen für die bevorstehende Produktionssteigerung hat die New York Times von „Ölhändlern und Analysten“, die aus Privatgesprächen mit saudischen Vertetern von den Plänen erfahren haben.

Die hohen Ölpreise würden den Saudis zwar Rekordprofite bescheren, aber man sei gleichzeitig besorgt, dass sie die Wirtschaft bremsen könnten und die Nachfrage nach Öl fallen, wie dies in den USA und woanders schon geschehe. Darüberhinaus, so die NYT, befürchte man im Königreich des schwarzen Goldes, dass die hohen Ölpreise alternative Energiequellen attraktiver mache, was die langfristigen Aussichten der Ölwirtschaft schmälere.

Gestern haben Börsen mit leichten Preisrückgängen auf die ersten Berichte über die saudischen Pläne reagiert. Laut NYT soll Saudi-Arabien zudem im Begriff sein, ein Programm zur Ausdehnung seiner Produktion fertigzustellen. Demnach sollte ab 2009 eine tägliche Förderungskapazität von 12,5 Millionen Barrel möglich sein.

Fraglich bleibt aber, ob all dies die Zweifel über den für die Weltwirtschaft nötigen Ölnachschub wirklich beruhigen kann. Die Peak-Oil-Angst ist damit nicht vom Tisch. Ob das saudische Signal dazu führt, dass die Benzinpreise an den Tankstellen spürbar fallen?

Dagegen spricht zum einen, dass die Produktionssteigerung vom Mai schon nichts bewegte. Zum anderen, so amerikanische Kommentatoren, bleibt die Nachfrage nach Öl hoch:

„Many developing countries, including China, have the financial capacity to continue subsidizing prices even if oil prices rise further.“

Laut Financial Times liegt die Erhöhung der Produktion um 500.000 Barrel täglich vor allem an der Erschließung des Khursanija-Ölfeldes, die im Rahmen des oben genannten Programms zur Ausdehnung der Produktionskapazitäten realisiert wurde. Dies legt nahe, dass die Förderungssteigerung ohnehin gekommen wäre, das Timing der Ankündigung also Teil der Strategie ist.

Da laut FT die Marktexperten ohnehin wussten, dass die Förderung aus dem Khursanija-Öl-Feld ansteht, sei dies keine Nachricht, welche die Preise deutlich zum Fallen bringe.

Alle Erwartungen richten sich jetzt auf den Öl-Gipfel, den Saudi-Arabien später für diesen Monat anberaumt hat. Doch auch die Möglichkeiten der OPEC seien beschränkt, wird ein führender Mitarbeiter des staatlichen libyschen Ölunternehmens zitiert:

"Opec can do nothing. Opec is reaching its peak production and there is no more that countries can produce. They are squeezing their rocks as hard as they can."