Saudi-Arabiens Konterrevolution

Das Königshaus verschärft die Mediengesetze drastisch

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In Saudi-Arabien hält man ähnlich viel von Meinungsfreiheit wie Schnecken vom Sand. Um das noch einmal ganz deutlich zu machen, hat das Königshaus nun die Mediengesetze des Landes mit Ergänzungen bedacht, die wahre Freudenschreie unter den Zensoren hervorrufen dürften ( bösen Zungen zufolge bewährt sich dieses Metier im fabelhaften Wüstenreich seit längerem als hervorragende Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die unzähligen Theologiestundenten, die anders im Arbeitsmarkt schwer unterbringen sind).

Dass die saudischen Mediengesetze in Zeiten des Aufbegehrens im Nahen Osten upgedatet werden, kommt nicht von ungefähr. Ebenso wenig, dass der Schutz der religiösen Vertreter vorangestellt wird. So ist es jetzt "ein Verbrechen", wenn Material veröffentlich wird, das den "guten Ruf und die Ehre" des großen Mufti des Königreiches, der Mitglieder des "Rates der religiösen Gelehrten" - und schließlich auch der Regierungsmitglieder - verletzt.

Als Verbrechen wird ebenfalls gewertet, wenn eine Veröffentlichung gegen die Scharia gerichtet ist, staatliche Interessen verletzt, ausländischen Interessen dient, kriminellen Aktivitäten Vorschub leistet, die öffentliche Ordnung bedroht oder die staatliche Sicherheit beschädigt. Wie wasserdicht die Ergänzungen gegen jede Kritik abschotten, macht die saudi-arabische Nachrichtenagentur SPA deutlich. So ist auch jede Äußerung, die Zwietracht zwischen den Bürger sät, verboten.

Die Gesetze, die auch, wie hervorgehoben wird, für Online-Medien gelten - imgrunde also für jede Veröffentlichung eines saudi-arabischen Bürgers im Netz, eingeschlossen Saudis, die von außerhalb des Königreiches schreiben -, sehen drastische Geldstrafen ( 130.000 Dollar), sowie befristetes oder permanentes Veröffentlichungsverbot vor. Verstöße, die als Beleidigung des Islam aufgefasst werden können, werden vor einem Spezialgericht verhandelt.

Bei alledem bleibt in Saudi-Arabien nicht mehr viel Kontroverses zum Diskutieren, so das Blog Crossroads Arabia, welches Gesetz als "atemberaubend dumm" bezeichnet. Das Wetter vielleicht? Möglicherwiese nicht einmal das in einem Land, wo der Große Mufti und der Präsident des "Rates der religiösen Gelehrten" höchstselbst Regengebete leiten (siehe Rain prayers conducted in all parts of the Kingdom).

Die Gesetze zuhause ergänzen die große Medienpolitik von Mitgliedern des Königshauses beispielsweise über ihre Anteile an der Tageszeitung Asharq Al-Awsat und dem TV-Sender al-Arabjia. Der Fall Bahrain, wo Kritik, Opposition und Protest als iranische Agenda dargestellt wurde und die ersten Todesurteile über Oppositionelle verfügt wurden, zeigt, wie gut die Berichterstattung zu steuern ist.