Seed und Sühne

Uwe Boll beweist auch mit "Seed", dass eine Handvoll Tabubrüche noch keinen guten Film abgeben

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Sie stagniert ein wenig, die Petition, die Uwe Boll zum Aufhören bewegen soll. Neues Futter für die Mühlen dieser etwas kruden Online-Kulturdemokratie gibt vielleicht "Seed", der am Samstag in Deutschland auf DVD erscheint. Immerhin - kommen eine Million Unterschriften zusammen, so versprach der Regisseur und notorische Verfilmer von Videospielen, seinen Beruf an den Nagel zu hängen.

Ausnahmsweise mal nicht einem Videospiel entstammt der Plot um den verurteilten Serienmörder Max Seed: Dieser überlebt nämlich drei Hinrichtungsversuche auf dem elektrischen Stuhl, wird folglich lebendig verscharrt, buddelt sich aus und nimmt daraufhin Rache - zum Beispiel an Gefängnisdirektor Ralf Möller. Irgendwo gibt es noch einen Polizisten, der mit der "Schuld" zu kämpfen hat, dass er Seed nicht erschossen hat, als er die Chance dazu hatte.

Dieses fragwürdige Verständnis von Gerechtigkeit erhebt Boll auch gleich zur hauptsächlichen Rechtfertigung und redet ungehemmtem Revanchismus bei jeder sich bietenden Gelegenheit das Wort - moralisch bestens legitimiert durch die drastischen Gewalttaten seines Titelcharakters (von denen man auf der deutlich gekürzten DVD übrigens nicht allzu viel mitbekommt). Sogar in seiner Schlussszene gibt uns Boll den Fingerzeig, wie das alles hätte verhindert werden können, wenn die Verantwortlichen doch nur entschlusskräftig gehandelt hätten.

Natürlich ließe sich "Seed" jetzt loben, als mutig bezeichnen, als Relikt der goldenen Achtziger, wo Filmhelden noch ungehemmt auf der Straße zum Vigilanten werden durften. Dabei scheitert dieser vermeintliche Mut und Bruch mit der political correctness aber an seiner Kalkuliertheit - ebenso wie auch "Postal" zum Verhängnis wurde, mit seiner Respektlosigkeit hausieren zu gehen. Bei "Seed" ist die oberflächliche Ambivalenz unehrlich, sie ist nur ein weiterer Schockeffekt, der den Plot banalisiert, und sie reiht sich damit nahtlos neben das ermordete Baby und das düstere Filmende ein.

Ein Lichtblick ist aber definitiv zu erwähnen, und sei es nur, um den Bogen zu besseren Filmen zu spannen: Die in "Silent Hill" auffällige und in Terry Gilliams "Tideland" großartige Jodelle Ferland. Aber Boll hat ja schon immer viel zu gute Schauspieler für seine Filme verpflichten können.