Sind Schweizer Kinder anders als deutsche Kinder?

Studie im Nachbarland spürt negative Spätfolgen autoritärer Erziehung auf

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Vielleicht ist man in Deutschland auf solche Erkenntnisse nicht besonders neugierig: "Grundsätzlich", so heißt es in einem aktuell erschienenen Forschungsbericht, der vor acht Jahren mit vielen Millionen Schweizer Franken finanziert ins Leben gerufen wurde, "gehe es dem Schweizer Nachwuchs im Vergleich mit 21 industrialisierten Ländern materiell, sozial und psychisch gut".

Anscheinend sind die Grenzen zwischen der Schweiz und Deutschland doch weniger durchlässig, als gedacht: Trotz der dauernd zitierten grenzenlosen "Informationsströme" findet sich bislang in nämlich in den deutschen Medien noch keine Spur von dieser Erziehungsstudie, die am vergangenen Dienstag im Nachbarland vorgestellt wurde. Ihre Schlussfolgerung wäre nämlich auch hierzulande ein paar Gedanken wert:

"Werden Kinder im Elternhaus autoritär erzogen, konsumieren sie später öfter Cannabis und hegen Suizidgedanken. Kinder, die an erzieherischen Entscheiden teilhaben können, sind demgegenüber leistungsstärker in der Schule und weniger aggressiv."

Mit diesem Fazit zitiert die gedruckte Mittwochsausgabe der Neuen Zürcher Zeitung die Autoren des Berichts "Kindheit und Jugend in der Schweiz", der im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms erstellt wurde - online war das Ergebnis der repräsentativen Umfrage von 3000 Jugendlichen im Alter von 15 bis 21 Jahren, die "erstmals auch bei Kindern im Alter von 6 Jahren durchgeführt wurde", schon Tags zuvor zu lesen.

"Je mehr Druck Eltern auf Kinder ausüben, desto weniger zeigen sich die Kinder bereit Leistungen zu zeigen", bringt die Mitverfasserin der Studie, Pasqalina Perrig-Chiello, das bemerkenswerteste Ergebnis der Studie in einem Radiointerview knapp auf den Punkt. Der "Zusammenhang zwischen Erziehungsstil und Schul-und Lebenserfolg" der Schüler wurde von den Forschern über die Schulnoten und Aussagen der Schüler über ihre Erziehung hergestellt.

Im Interview zeigt sich deutlicher, was die Berichtszusammenfassungen in der Presse nur andeuten, das Zauberwort der Schweizer Psychologen heißt "partizipatorisch". Je mehr Kinder selbst Anteil haben an ihrer Erziehung, desto leistungsbereiter sind sie, so die Grundaussage dieses Erziehungsmodells. In Deutschland favorisiert man - nimmt man den Erfolg von Publikationen, die der Disziplin ein Lob singen und für die Tyrannei der Kinder eine "partnerschaftliche Erziehung" verantwortlich machen, als Maßstab - derzeit eher Ansätze, welche den Akzent wieder mehr auf die elterliche Autorität rücken.