Soll dieses Schaf geköpft werden?

An der Berliner Universität der Künste wollen zwei Studenten den Wiener Aktionismus wiederaufleben lassen

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Seit dem Wiener Aktionisten Herrmann Nitsch sind Tierschlachtungen in der Kunst eigentlich nichts Neues mehr. Den beiden Berliner Kunststudenten Iman Rezai und Rouven Materne gelang es mit der Ankündigung der Hinrichtung eines Schafs nun trotzdem, viel Aufmerksamkeit zu erregen. Grund dafür ist, dass die beiden die Öffentlichkeit bis zum 17. Mai darüber abstimmen lassen, ob das Tier mit einer Guillotine geköpft werden soll oder nicht.

Allerdings ist nicht nur wegen des Abstimmungsverhaltens der Websitebesucher unklar, ob die Aktion wirklich durchgeführt wird. Denn das Verwaltungsgericht Berlin entschied am 24. April im Fall einer Künstlerin, die für ihre Performance "Der Tod als Metamorphose" in einem Spandauer Theater erst eine Viertelstunde lang meditieren und anschließend musikuntermalt Hundewelpen erdrosseln wollte, dass die Tötung eines Wirbeltieres ohne "vernünftigen Grund" einen so gravierenden Eingriff in das vor zehn Jahren ins Grundgesetz aufgenommene Staatsziel Tierschutzes darstellt, dass auch die ebenfalls grundgesetzlich geschützte Kunstfreiheit einem Verbot des Bezirksamts Spandau nicht entgegensteht. Die Angabe der Künstlerin, sie wolle damit darauf aufmerksam machen, wie Schlitten- und Jagdhunde in Alaska und Spanien entsorgt werden, wertete das Gericht nicht als ausreichend vernünftigen Grund (Az.: VG 24 L 113.12).

Zudem ist nicht ausgeschlossen, dass die beiden Schüler der japanischen Künstlerin Leiko Ikemura gar nicht so traditionalistisch orientiert sind, wie es ihre Aktionsankündigung vorgibt, sondern stattdessen das öffentliche Spektakel um ihre Performance "Die Guillotine" als das eigentliche Werk sehen. Denn obwohl die weitaus meisten Schafe geschlachtet und gegessen werden und das zottige Tier nicht sonderlich putzig aussieht, erzeugt die Ankündigung seiner rituellen Tötung nicht nur massenhaft Seitenaufrufe und Medienberichte, sondern auch Forumsbeiträge, in denen zum Beispiel gefordert wird, dass man anstatt des Schafs lieber die Künstler köpfen sollte.