Spanien will gemeinsames Vorgehen der EU gegen Urheberrechtsverstöße

Auf einem Treffen in Granada wurde aber nur beschlossen, die spanischen Ratschläge für eine digitale Strategie in Europa zu berücksichtigen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Man darf aufatmen, dass Spanien mit seinem Vorstoß für ein gemeinsames Vorgehen gegen Urheberrechtsverstöße nicht weit gekommen ist. Denn es ist bekannt, dass die spanische Ratspräsidentschaft dabei einen besonderen Blick auf kommerzielle Interessen legt, denen Freiheitsrechte schnell zum Opfer fallen.

So war es kein Zufall, dass erneut einen Schwerpunkt auf das geistige Eigentum und Urheberrecht gelegt werden sollte, als im südspanischen Granada bis gestern über die Digitale Agenda in Europa debattiert wurde. Vor dem informellen Treffen der EU-Minister für Telekommunikation und Informationsgesellschaft hatte Miguel Sebastian erklärt, man müsse zu einem vereinheitlichten europäischen Modell kommen. Die nationalen Modelle müssten überwunden werden, erklärte der spanische Gastgeber und Minister für Industrie, Tourismus und Handel, Spanien sollte dabei offensichtlich als Vorbild dienen.

Da angesichts der Aschewolken nur 4 der 27 eingeladenen Minister anwesend waren, trug dies wohl nicht dazu bei, dass Spanien mit seinen Vorschlägen größeren Widerhall fand. Die Videokonferenz brachte in den umstrittenen Fragen keine Einigkeit und in der Abschlusserklärung werden praktisch alle umstrittenen Themen ausgeklammert. Da ist zum Beispiel der Vorstoß des spanischen Ex-Staatsmonopolisten Telefonica, der auf der dauernden Suche nach neuen Einnahmequellen von Suchmaschinenbetreibern eine Nutzungsgebühr für das Netz erheben will und dabei auch noch von der sozialistischen Regierung unterstützt wird. Auch zu der Frage der Netzneutralität findet sich keinerlei Hinweis in der Erklärung.

Zum geistigen Eigentum, bei dem sich Spanien besonders hervortut, findet sich nur eine recht allgemeine und vage Erwähnung, wonach aktiv die Entwicklung von Märkten mit digitalen Inhalten gefördert werden und dabei die faire Vergütung der Rechteinhaber gesichert werden soll: "With regard to intellectual property rights, actively promote the development of European digital content markets through practical solutions to promote new business models and concrete measures to reduce market fragmentation for the reuse and access to digital content, while protecting and assuring the fair remuneration of rights holders." Das Dokument, in dem die Bedeutung der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) für die Entwicklung in Europa herausgestellt wird, soll als Basis dafür dienen, um einen gemeinsamen Einheitlichen Digitalen Markt in Europa zu schaffen, der gesetzgeberische Hindernisse beseitigt.

Das in der digitalen Welt ohnehin geplagte Spanien ist sicher nicht dazu geeignet, diese Debatte produktiv in der Zeit seiner Ratspräsidentschaft bis Juni voranzutreiben. Ohnehin hechelt Spanien, auch wegen der Politik der Telefonica, bei der Internetnutzung hinter den EU-Mitgliedsländern hinterher. Trotz aller schönen Worte aus Madrid sorgt man sich in der Regierung mehr darum, wie Telefonica und Co viel Geld in die Kassen bekommen, anstatt die technologische Schere zu schließen.

Miguel Sebastian kann viel von der Abwägung zwischen den "Autorenrechten und der Freiheit und den Rechten der Internetnutzer" sprechen, aber faktisch tut die spanische Regierung viel dafür, um Freiheitsrechte den kommerziellen Interessen unterzuordnen oder zu opfern. Das haben auch die Netizen auf einer Parallelkonferenz erneut kritisiert. Sie protestieren seit Jahren gegen die Abzocke über die Kopiergebühr, gegen sehr hohe Kosten für Internetnutzung oder Versuche der Regierung, den Autorenverbänden sogar das Recht auf Zensur im Internet einzuräumen.

Getarnt in einem Gesetz zum nachhaltigen Wirtschaften sollte kürzlich erneut versucht werden, Zensur sogar ohne jegliche richterliche Kontrolle zu erlauben. Erst gegen den starken Widerstand einer breiten Front ruderte die Regierung erneut zurück, um dann einen neuen Vorstoß zu starten. Nun soll mit schweren Geschützen auf alles geschossen werden, was irgendwie verdächtig ist, Urheberrechte verletzt zu haben. Der für Schwerstverbrechen zuständige Nationale Gerichtshof soll auf Webseiten losgelassen werden, um sie im Schnellverfahren zu schließen.

Ausgerechnet also dieses Sondergericht, das immer wieder zeigt, dass es mit der Sensibilität bei der Presse- und Meinungsfreiheit enorme Probleme hat. So ließ dieser Gerichtshof schon mal ein Satiremagazin wegen Ehrverletzung gegen das Könighaus beschlagnahmen. Es schließt auch gerne mal kritische Zeitungen, Zeitschriften und Radios. Das ist verfassungswidrig, wie gerade geurteilt wurde. Ebenfalls hat man sich in dem Sondergericht erneut nicht mit Ruhm bekleckert, wenn sogar in einem Urteil festgestellt wird, dass die fehlende Kontrolle über die Verhafteten sogar Folter an Journalisten durch die Guardia Civil ermöglichte.