Spanische Regierung setzt nun auf Prinzip Hoffnung

Rajoy verkündet gegen alle Prognosen, 2012 werde das Land die Talsohle durchschreiten

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"Das kommende Jahr wird besser und 2014 wird noch besser", hat der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy am Dienstag erklärt. Er versucht dem Land Mut zu machen, dass die Talsohle noch in diesem Jahr durchschritten werde. Zwar ging Rajoy auch in dem Interview mit dem Radiosender "Cope" davon aus, dass die Wirtschaftsleistung 2013 erneut schrumpfen wird, doch er meinte, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde nicht mehr so stark schrumpfen.

Der konservative Ministerpräsident folgt damit seinem sozialdemokratischen Vorgänger und setzt nun ebenfalls auf das Prinzip Hoffnung, auf dem schon sein Haushalt 2013 beruht. Hatte Zapatero erfolglos versucht, die schwere Krise zu leugnen und mit psychologischen Mitteln zu bekämpfen, greifen jetzt auch die rechten Nachfolger zu dieser Strategie. Schon die Berechnungen für den Haushalt basieren auf der Annahme, das BIP werde nur um 0,5% schrumpfen. Experten halten das für unrealistisch optimistisch. Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert, die Wirtschaft werde ähnlich wie 2011 erneut um etwa 1,4% schrumpfen. Die große BBVA-Bank geht sogar von 1,5% aus und erwartet, dass die Arbeitslosigkeit deutlich weiter steigen wird. IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard hat im Rahmen der Herbsttagung kürzlich erklärt, die spanische Wirtschaft könne 2013 sogar um 3,2% schrumpfen, wenn nicht die richtigen Entscheidungen fielen.

Diesen pessimistischen Prognosen wird sich auch die EU-Kommission anschließen, hat die große Tageszeitung El País mit Bezug auf den vorliegenden Entwurf der Herbstprognose am Dienstag berichtet. Brüssel geht davon aus, dass das BIP 2012 um 1,5% schrumpfen wird. Deshalb würden Defizitziele erneut verfehlt. Obwohl Spanien bis 2014 Zeit bekam, um das Stabilitätsziel von drei Prozent einzuhalten, rechne Brüssel nun damit, dass es 2014 statt 2,8 sogar 5,8% sein werden. Der IWF rechnete vor, dass Spanien frühestens 2017 wieder das Ziel einhalten kann.

Auf Rajoys Optimismus vor den Wahlen in der bedeutsamen Region Katalonien Ende November basiert auch seine Aussage zur Einkommenssteuer. "Ich hoffe, dass ich sie senken kann und dass dies im Jahr 2014 möglich ist", sagte er. Allerdings weicht er damit ein Versprechen auf. Die Anhebung sollte nur temporär 2012 und 2013 wirksam sein, hatte er im letzten Winter versprochen. Er schloss auch weitere Steuererhöhungen nicht aus. Zuletzt wurde im September die Mehrwertsteuer von 18 auf 21% angehoben.

Am Montag ermittelte das Arbeitsministerium, dass die Arbeitslosigkeit im Oktober stärker als erwartet gestiegen ist. Praktisch sind mit 26% nun knapp sechs Millionen Menschen ohne Job. In Regionen wie Ceuta oder in Teilen Andalusiens ist die Quote schon auf 40% explodiert. Besonders hart trifft es junge Menschen, fast 55% haben weder Job noch Perspektive. Die im Frühjahr dekretierte Arbeitsmarktreform brachte das versprochene Jobwunder nicht. Firmen nutzen stark gesenkten Abfindungen, um auch Teile der Stammbelegschaften billig zu entlassen.

Obwohl die Zentralregierung kürzlich Rechnungen aus Vorjahren in einer Höhe von 27 Milliarden Euro bezahlte, wurden seit Januar erneut unbezahlte Rechnungen in einer Höhe von zehn Milliarden angehäuft, beziffert Lorenzo Amor, Präsident der Vereinigung der Selbstständigen (ATA). Finanzminister Cristóbal Montoro kündigte zudem an, der Staat werde den nationalen Rettungsfonds für Pleite-Regionen 2013 weiterführen. Die 18 Milliarden Euro, die bisher für die Refinanzierung zur Verfügung standen, sind praktisch verbraucht. Auch im kommenden Jahr benötigen einige Regionen neue Milliarden, weil sie an den Kapitalmärkten keine Kredite mehr bekommen.