Sparpartei und Sozialdemokraten Kopf an Kopf

Geert Wilders islamkritische PVV kommt bei den Parlamentswahlen in den Niederlanden voraussichtlich auf Rang drei

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Hochrechnungen zufolge kommen bei den gestern abgehaltenen niederländischen Parlamentswahlen sowohl die Volkspartij voor Vrijheid en Democratie (VVD), die vor allem mit dem Versprechen eines ausgeglichenen Staatshaushalts Wahlkampf betrieben hatte, als auch die Partij van de Arbeid (PvDA), die ein "sozial ausgewogenes Sparen" versprach, auf jeweils 31 Mandate in der insgesamt 150 Sitze zählenden Zweiten Kammer. Bei der letzten Wahl hatte die PvdA 33, die VVD aber nur 22 Sitze errungen.

Drittstärkste Kraft wird die von Geert Wilders angeführte islamkritische Partij voor de Vrijheid (PVV), die statt vorher neun jetzt 23 Abgeordnete entsendet. Genutzt hatte Wilders offenbar auch ein gegen ihn eröffnetes Gerichtsverfahren, das die Einschränkung der Redefreiheit zu einem Wahlkampfthema werden ließ.

Größter Wahlverlierer ist der katholisch geprägte Christen Democratisch Appèl (CDA) des amtierenden Ministerpräsidenten Jan Peter Balkenende: Er fiel von 41 auf 21 Mandate. Balkenende trat angesichts dieses Ergebnisses noch am Abend vom Parteivorsitz zurück, will die Regierungsgeschäfte aber weiterführen bis sich eine neue Koalition gebildet hat. Wie sich diese zusammensetzen wird ist relativ offen. VVD-Spitzenkandidat Mark Rutte schloss kein mögliches Bündnis aus, weshalb Geert Wilders bereits Interesse am Amt eines Vize-Regierungschefs bekundete. Um auf die notwendige Mehrheit von 76 Sitzen zu kommen sind allerdings mehr als zwei Parteien notwendig.

Unter den restlichen Parteien stürzte die postmaoistische Socialistische Partij (SP) nach dem durch ein Rückenleiden bedingten Abschied des charismatischen Fraktionsführers Jan Marijnissen stark ab und kommt auf nur mehr 15 statt vorher 25 Mandate. Sie gilt als eher islamkritisch, allerdings auf einer anderen theoretischen Grundlage als Wilders. Die linksliberale D66 verbessert sich den Hochrechnungen nach von drei auf 11 Sitze und die Links-Grünen von sieben auf 10.

Die an der im Februar über den Afghanistankrieg geplatzten Koalition beteiligte gemäßigt-protestantische ChristenUnie erhält voraussichtlich nur mehr 5 statt vorher 6 Mandate; die fundamentalistisch-protestantische Staatkundig Gereformeerde Partij (SGP) hält sich bei 2. Sie wurde vor kurzem vom Verfassungsgericht dazu gezwungen, Frauen den Zugang zu ihren Kandidatenlisten zumindest theoretisch zu erlauben. Als Begründung für die Verweigerung hatten die Calvinisten auf die Bibel verwiesen, in der geregelt sei, dass die Frau dem Manne nach Gottes Willen untertan sein soll.

Kleinste im Parlament vertretene Partei ist die Tierschutzpartei PvdD, die den Prognosen nach nur mehr einen Sitz erhält. Die erst im März gegründete Piratenpartij Nederland (PPNL) schaffte den Sprung ins Parlament ebenso wenig wie Trots op Nederland (TOP), die auf Kriminalitätsbekämpfung konzentrierte Partei der ehemaligen VVD-Integrationsministerin Rita Verdonk.