Steinzeittechnologie

Wer Energie sparen will, sollte Atom- und Kohlekraftwerke abschalten

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Hillary Rodham Clinton soll bei ihrem jüngsten Besuch in China der dortigen Öffentlichkeit kleine Vorträge über Sparsamkeit gehalten haben, genauer gesagt, über Energiesparsamkeit. Wir sollen doch bitte daran denken, dass wir immer schön das Licht ausmachen, wenn wir aus dem Raum gehen. Das habe schon ihr Vater getan, nur sei sie "und vielleicht wir alle" in den letzten Jahren etwas nachlässig geworden.

Nun sollte man wirklich nicht wie ein bewusstloser Zombie durch die Lande laufen, sondern immer ein wenig über das reflektieren, was man so macht. Auch über sein Verbrauchsverhalten. Aber dieses ewige Rumreiten auf der Verantwortung des Einzelnen in Sachen Klimaschutz hat schon einen unangenehmen Nachgeschmack; erinnert irgendwie zu sehr an protestantischen Missionseifer. (Mal davon abgesehen, dass es wirklich interessant ist, wenn die Vertreterin eines Landes mit einer negativen Sparquote ausgerechnet Chinesen und damit den vermutlich eifrigsten Sparern des Planeten Ratschläge in Sachen Sparsamkeit erteilt.)

Aber vor allem geht die Missioniererei doch sehr an den Realitäten vorbei. Nehmen wir zum Beispiel den hiesigen Stromverbrauch. In ihrem am Dienstag veröffentlichten Jahresbericht rechnet die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen vor, dass von den 639,1 Milliarden Kilowattstunden (kWh), die hiesige Kraftwerke 2008 erzeugten, nur 139,5 Milliarden kWh in privaten Haushalten verbraucht wurden.

Mit anderen Worten: Wir können uns in den eigenen vier Wänden dumm und dusslig sparen, der Einfluss auf das Große und Ganze wird dennoch nur sehr begrenzt sein. Wer den Energieverbrauch einschränken und für Klimaschutz sorgen will, muss sich schon in die Politik einmischen und etwas an den Strukturen verändern.

Zum Beispiel hier: Der Eigenverbrauch der Kraftwerke betrug 2008 sagenhafte 38,1 Milliarden kWh, also fast ein Drittel des privaten Verbrauchs. Das liegt daran, dass Kohle- und Atomkraftwerke, im Gegensatz zu Windkraftanlagen und Solarzellen, für ihren Betrieb viel Energie benötigen. Um diesen Strom zu erzeugen sind allein acht Kohlekraftwerke vom Kaliber der geplanten 800-MW-Großanlagen notwendig, die überall im Lande geplant sind. Oder anders ausgedrückt: Wenn man davon ausgeht, dass hierzulande durchschnittlich pro erzeugter Kilowattstunde Strom schätzungsweise 0,8 Kilogramm CO2 emittiert werden, dann bescheren uns die Großkraftwerke allein durch ihren Eigenbetrieb jährlich rund 30 Millionen Tonnen des Treibhausgases, was etwa drei Prozent der gesamten deutschen Emissionen entspricht. Fortschrittliche Technologie sieht anders aus.