Strompreis: Die Engpässe von morgen

Der niedrige Börsenstrompreis erhöht die EEG-Umlage. Kann ein Verbot des Terminmarktes Abhilfe schaffen?

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Der Solarförderverein fordert die Abschaffung des Terminmarktes für Strom. Auf diesem werden an der Leipziger Börse langfristige Stromlieferungen gehandelt. Durch ein Verbot dieses Teilmarktes könnten die Kosten für die EEG-Umlage erheblich gesenkt werden, meinen die Freunde der Sonnenenergie.

Der Hintergrund: Seit der starken Zunahme der Fotovoltaiknutzung, die den Strom vor allem in der Zeit höchsten Verbrauchs liefert, ist der Preis für kurzfristige Stromlieferungen bereits vor längerem eingebrochen. Mussten vor einigen Jahren in der Regel noch Durchschnittspreise von sechs bis acht Cent pro Kilowattstunde gezahlt werden, sind es seit Jahresbeginn meist weniger als vier Cent für eine Kilowattstunde. Diese kurzfristigen Stromlieferungen werden am sogenannten Spotmarkt gehandelt, einem anderen Teilmarkt cder Leipziger Börse.

Für die EEG-Umlage ist das ein Problem, weil die Übertragungsnetzbetreiber nämlich den von ihnen zu festen, vom Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vorgeschriebenen Sätzen vergüteten Strom der Solar-, Biogas- und Windkraftanlagen am Spotmarkt verkaufen. Wird dort nur ein niedriger Preis erzielt, bedeutet diese eine große Differenz zwischen den Ausgaben für den Stromaufkauf und den Einnahmen aus seinem Weiterverkauf. Dise aber muss über die EEG-Umlage ausgeglichen werden.

Der Preis am Spotmarkt, so die Argumentation des Solarvereins, sei deshalb so niedrig, weil die Nachfrage zu gering sei. Das sei wiederum die Folge dessen, dass sich die Großabnehmer meist schon Wochen, Monate oder gar Jahre im Voraus am Terminmarkt eindeckten, wo der Strom aus Braunkohle- und Atomkraftwerken angeboten würde. Eine Auflösung des Terminmarktes würde beide Märkte zusammenlegen und die Nachfrage am Spotmakt erhöhen.

Allerdings ist der Strompreis auch am Terminmarkt inzwischen ziemlich im Keller. Derzeit muss dort für Stromlieferungen in den nächsten drei Jahren nur zwischen 3,2 und 3,4 Cent pro Kilowattstunde hingelegt werden. Daher dürfte es fraglich sein, ob die Zusammenlegung der beiden Märkte unter den derzeitigen Bedingungen das EEG-Umlagekonto entlasten könnte. Am allgemeinen Überangebot würde sie vermutlich wenig änderen.

(Auf dem EEG-Konto sieht es übrigens im Augenblick ziemlich gut aus. In allen vier Monaten dieses Jahre wurde bisher jeweils ein Überschuss gemacht, resultierend allerdings vor allem aus den Einnahmen aus der Umlage.)

Letztlich wird vermutlich nur die gezielte Verknappung des Angebots den Börsenpreis in die Höhe treiben können. Erreichbar wäre dies zum Beispiel mit einem vorgezogenen Atomausstieg, der uns zugleich eines Teils des Atommüllproblems entledigen würde.

Nötig ist die Verteuerung auf jeden Fall, denn die derzeitigen Preise sind nicht nur ein Knüppel, der immer wieder gegen die neuen Technologie und den Umbau der Stromversorgung eingesetzt wird. Sie sind auch ökonomisch schädlich. Mit ihnen lassen sich nämlich keine neuen Kraftwerke finanzieren. Keine Solar- und Windkraftwerke, aber auch keine Kohle- oder Gaskraftwerke.

Doch neue Kraftwerke, egal welcher Art, werden unbedingt benötigt, denn in diesem und im nächsten Jahrzehnt erreichen die zahlreichen Altanlagen aus den 1970er und 1980er Jahren das Ende der Betriebszeit, für die sie ausgelegt wurden. Wer den Börsenstrompreis niedrig hält und den Ausbau der erneuerbaren Energieträger verzögert, organisiert die Engpässe von morgen und wird dann vermutlich den Ökostrom zum Sündenbock erklären und zugleich nach stattlichen Subventionen für notleidende Stromkonzerne rufen.

Edit: Der Text wurde nachträglich geämdert. In der ursprünglichen Fassung waren Termin- und Spotmarkt verwechselt worden.