Syrien: bald eine "Regime-Change"-Konferenz?

Nach einem Zeitungsbericht soll in Genf möglichst bald eine internationale Konferenz stattfinden, die nach dem "Modell Jemen" einen langsamen Machtverzicht der gegenwärtigen syrischen Führung aushandelt

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Es gibt eine neue diplomatische Initiative, die vorhat, von außen regulierend in die blutigen Auseinandersetzungen in Syrien einzugreifen. In getrennten Zweiergesprächen am Rand des G20-Gipfels haben nach Informationen des Guardian US-Präsident Obama, der russische Präsident Putin sowie der britische Premierminister Cameron die Idee zu einer internationalen Syrien-Konferenz unter Vorsitz des UN-Sondergesandten Annan gefasst.

Die von der UN unterstützte Konferenz, die möglichst rasch in Genf stattfinden soll, hat nach Angaben von (ungenannten) Diplomaten den politischen Übergang in Syrien zum Thema. Ziel sei die Schaffung einer Regierung, die auf einer "breiteren Basis" stehe, die Voraussetzungen für Neuwahlen in 18 Monaten schaffen soll. Als Vorbild diene das "Modell Jemen", was auf einen Machtverzicht von Staatschef Baschar al-Assad zugunsten eines Übergangspräsidenten hinauslaufen würde. Als Besonderheit meldet die britische Zeitung, dass sich die USA und Großbritannien dazu bereit erklärten, Syriens Regierungschef Baschar al-Assad "Milde zu gewähren" und ihm etwa die sichere Anreise zur Konferenz zu garantieren.

Dass sich der syrische Präsident wahrscheinlich nicht auf diese "Regime Change"-Konferenz einlassen wird, ist nicht das einzige Hindernis. Wichtig, um tatsächlich substantielle Entscheidungen zu besseren Verhältnissen in Syrien zu treffen, die auch Aussicht auf Verwirklichung haben, wäre die Einbindung Irans. Weswegen Russland auch eine Teilnahme Irans an der Konferenz fordert. Dagegen sträubt sich jedoch das Duo USA-Großbritannien.

Eine offizielle Bestätigung, dass die Konferenz tatsächlich stattfinden soll, gibt es (noch?) nicht. Es ist also vor allem viel Spekulation im Spiel. Kern- und Angelpunkt ist dabei die Position Russlands. Auffällig ist, dass auch dieser Bericht, wie einige andere zuvor, die russische Position so schildert, dass im Zentrum die Distanz steht, die sie gegenüber der Person Baschar al-Assad einnimmt. Dass sie nicht unbedingt an Baschar al-Assad als Staatschef festhalten will, auch wenn dies im Nachsatz relativiert wird:

"During talks at the G20, British and American officials were convinced Putin was not wedded to Assad remaining in power indefinitely, although even this limited concession is disputed in Moscow."

Mit diesen Meldungen - bekräftigt durch den Verweis auf Hinterzimmer-Zweiergespräche der westlichen Führer mit Putin -, wird Irritation beabsichtigt. Der syrische Präsident soll über die Haltung des verbündeten Russlands verunsichert. Solchen Verunsicherungsmanövern steht jedoch gegenüber, dass Russlands Regierung wiederholt deutlich gemacht hat, dass es jeden Sicherheitsratsbeschluss ablehnen wird, der eine Einmischung von außen durch ein UN-Mandat legitimieren würde.

Anderseits wird auch die Position Russlands in der internationalen Öffentlichkeit schwieriger, dafür sorgen auch die häufiger werdenden Berichte über Waffenlieferungen. In der Arab News, einer saudi-arabischen Zeitung, war kürzlich zu lesen, dass russische Geschäftsmänner in Jedda von ihren saudischen Geschäftspartnern nicht empfangen wurden und unverrichteter Dinge wieder zurückfliegen mussten. Das Geschäftstreffen war mit Verweis auf die Unterstützung des syrischen Regimes durch Russland kurzfristig abgesagt worden. Freilich müssten sich die saudischen Vertreter auch die Frage nach den Waffenlieferungen ihres Landes gefallen lassen. Wer schaut schon genau hin, wohin die saudi-arabischen Waffenlieferungen gehen? - an Friedenstruppen gewiss nicht.