Tödliche Schüsse auf Menschenrechtsdelegation in Mexiko

Paramilitärs attackieren Konvoi und ermorden eine Mexikanerin und einen Finnen. Politische Gewalt nimmt zu

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Der tödliche Angriff von Paramilitärs auf eine internationale Menschenrechtsdelegation hat erneut ein Schlaglicht auf die zunehmende politische Gewalt in Mexiko gelenkt. Nach Aussagen von Augenzeugen war ein Konvoi mit rund zwei Dutzend Aktivisten am Dienstagnachmittag nahe der Gemeine San Juan Copala im südmexikanischen Bundesstaat Oaxaca von maskierten und schwer bewaffneten Männern angegriffen worden. Zwei Mitglieder der Delegation starben im Kugelhagel. Getötet wurden die Mexikanerin Beatriz Alberta Cariño Trujillo und der 25-jährige finnische Menschenrechtsaktivist Tyri Antero Jaakkola.

Die Delegation war auf dem Weg in die Gemeinde San Juan Copala, um den Bewohnern Nahrungsmittel zu bringen und sie durch ihre Präsenz vor Angriffen bewaffneter Gruppen zu schützen. Diese Strategie wird von internationalen Menschenrechtsorganisationen auch in anderen Krisenstaaten wie Kolumbien erfolgreich verfolgt. Nach San Juan Copala waren die Aktivisten aufgebrochen, weil die Gemeinde seit Wochen von gewaltbereiten Gruppen der ehemaligen Staatspartei PRI belagert wurde. Die Milizen reagierten damit auf die Annäherung der Gemeinde an die zapatistische Bewegung, die sich für mehr Autonomie und Selbstbestimmung von den staatlichen Strukturen einsetzt. Internationale Beobachter hatten in der Vergangenheit in ähnlichen Situationen in Mexiko mehrfach schlichtend eingegriffen. Der Angriff nun überrascht daher in seiner Brutalität.

Nach Angaben der Überlebenden Gabriel Jiménez Rodríguez wurde der Konvoi auf dem Weg nach San Juan Copala von einer Straßesperre aufgehalten. Als der Fahrer des ersten Autos umkehren wollte, eröffneten die Paramilitärs frontal das Feuer, schildert die Aktivistin der oppositionellen Organisation APPO im Gespräch mit der mexikanischen Tageszeitung La Jornada.

Für die Mexikanerin Cariño Trujillo und den Finnen Jaakkola kam jede Hilfe zu spät. Sie starben auf den Sitzen ihres Jeeps. Weitere Mitglieder der Delegation - unter ihnen soll sich nach bislang unbestätigten Berichten auch mindestens eine Person aus Deutschland befunden haben - retteten sich in die umliegenden Berge, andere konnten entkommen. Fünf Mitglieder der Gruppe werden noch vermisst. Die Polizei konnte bislang nicht in die Zone vordringen, weil die Paramilitärs ihr den Zugang verweigern.

Der tödliche Zwischenfall macht deutlich, wie stark die politische Gewalt Mexiko im Griff hat. Während man in der internationalen Presse meist nur von marodierenden Drogenbanden hört, zeigt der Vorfall von San Juan Copala die politische Dimension der Auseinandersetzungen auf. Für den gut organisierten Angriff auf die Menschenrechtsdelegation wird die Organisation UBISORT verantwortlich gemacht, die der langjährigen Staatspartei PRI nahe steht.

Es geht in diesem Fall also nicht um Drogenkriminalität, sondern um den Versuch, politische Macht gewaltsam zu sichern. Darauf weist auch ein anderer Umstand hin: An diesem Wochenende beginnt im Bundesstaat Oaxaca der Wahlkampf für den Gouverneursposten - und der oppositionelle Kandidat Gabino Cué Montegudo liegt vor den PRI-Mann Eviel Pérez Magaña.