"Touch me, Gott!"

Zapp verliert, aber gezappt wird weiter

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Kirchenrechtler Hartmut Zapp ist gescheitert: Der "Steuer-Rebell" wollte aus der Körperschaft austreten, aber geistiger Gefährte der Glaubenden bleiben. Seit 2007 stellte er die Zahlung der Kirchensteuer ein, raufte sich durch die Vorinstanzen. Das Bundesverwaltungsgericht entschied: Staatskirchenrechtlich ist kein isolierter Austritt aus der Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts möglich (BVerwG 6 C 7.12, Urteil vom 26.09.2012).

Die Leipziger Richter zogen damit einen juridischen Schlussstrich unter die Affäre. Und entsprachen kurioserweise dem Codex Iuris Canonici: "Die Gläubigen sind verpflichtet, (…) Beiträge zu leisten", so verlangt es Canon 222 des Kirchenrechts (§ 1). Auf politischer und gesellschaftlicher Ebene ist damit nicht viel gewonnen, im Gegenteil: Die Debatte ist erst recht entbrannt, Internetforen und Leserbriefseiten der Gazetten sind voll von aufgebrachten Kommentaren. Die deutschen Bischöfe hatten im Vorfeld noch versucht, über ein Dekret Einfluss auf ihre fromme Anhänger und die eventuellen Austrittskandidaten unter ihnen zu nehmen.

Kasse trotz Flaute

Mit der Kirchensteuer langt die Kirche kräftig zu: Acht bis neun Prozent der Lohn- und Einkommensteuer schluckt die sakrale Einsammlung je nach Bundesland. Das brachte 2011 satte 9,3 Milliarden Euro in die Kassen beider Großkirchen. Im Jahr zuvor war die katholische Kirche erschüttert worden wie lange nicht, zahllose Missbrauchsfälle kamen ans Licht, die Zahl der Austritte stieg sprunghaft an.

Währenddessen flaut die Teilnahme an den Sonntagsgottesdiensten kontinuierlich ab. Auch an theologischem Nachwuchs fehlt es. Das verändert auch Strukturen, zum Beispiel die der 27 katholischen deutschen Bischofssprengel: Pfarreien werden zusammengelegt und die pastoralen Räume ausgedehnt. Das bedeutet, dass ein Pfarrer für immer mehr Gläubige zuständig ist. So sollen sinkende Priesterzahlen aufgefangen werden.

Hilft die Praystation?

Der Kölner Kardinal Joachim Meisner hat 1999 "rogamus" ins Leben gerufen. Ziel: Das Gebet um mehr Priester. Viel gebracht hat die "Gebetsinitiative für Geistliche Berufe" (so der kirchenoffizielle Name) nichts. "Touch me, Gott", ein Internetprojekt der Diözesanstelle "Berufe der Kirche", versucht gegenzusteuern. Da gibt es nicht nur eine Soul-Area, sondern auch eine Pray-Station.

Beschwingt durch unbeschwerte Rhythmen heißt es da etwa: "Zünde eine Kerze in der Praystation an und schreib ein Gebet für andere!" Ob’s aber hilft? Die Laien sind zwar online. Aber die Priesterkirche schwächelt unverändert.