Transparenter Geheimdienstchef

Ominöse Website des Schweizer Oberspions

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Während der deutsche BND-Chef Gerhard Schindler am Montag eine Transparenz-Offensive des Geheimdienstes angekündigt hatte, ist sein Schweizer Kollege Markus Seiler schon einen Schritt weiter: Auf einer bislang geheimen Website markusseiler.ch begrüßt nunmehr der Chef des Nachrichtendienstes des Bundes seine Eidgenossen:

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger Willkommen auf meiner Website! Nachdem ich schon alles über Sie weiss, dürfen Sie jetzt auch mal etwas über mich erfahren. Denn nur ein transparenter Geheimdienstchef ist ein moderner Geheimdienstchef. Und wer nichts zu befürchten hat, hat auch nichts zu verbergen. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Durchleuchten meines Lebens. Glauben Sie mir, das macht Spass!

Herzlich, Ihr Markus Seiler

Auf der Post Privacy-Website des christlichen Freidemokraten kann man sich über sein Wohnhaus, Hobby, Kirche und vieles mehr informieren, was einen eigentlich nichts angeht.

Hinter der vermeintlichen Website des Spionagechefs stecken Journalisten der Schweizer Wochenzeitung, die den Überwacher mit einfachen Mitteln zurücküberwacht haben. Zu sehen gibt es eine kleine Verfolgungsjagd sowie Versuche, dem Geheimen mit Spiezeugdrohnen nachzuspüren. Die Zeitung will u.a. herausgefunden haben, dass Seiler den Gottesdienst geschwänzt hatte, wo seine Yacht ankert und wie groß sein Vermögen ist.

In einer Videobotschaft an Seiler bot ihm die Redaktion an, er könne für 96.000 Franken die gesamte Ausgabe der am Donnerstag erscheinenden Wochenzeitung kaufen, um auf diese Weise Enthüllungen zu verhindern. Der Kauf wäre Seiler ohnehin anzuraten, denn das Blatt bringt eine Sonderausgabe über Datenschutz, Überwachung und weitere Themen rund um die Privatsphäre jedes einzelnen Bürgers.

Seiler war bereits letztes Jahr seiner Zeit weit voraus gewesen. Während die NSA erst seit einem halben Jahr mit den Snowden-Veröffentlichungen leben muss, hatte aus Seilers Geheimdienst schon 2012 jemand Daten herausgetragen. Auch Seiler selbst wird zuweilen als Sicherheitsrisiko gesehen. Aufgrund laxer Sicherheitszustände wurde jüngst wieder sein Rücktritt gefordert.