USA: Angst vor Homeland-Terroristen

Homeland-Security-Ministerin Janet Napolitano und Experten warnen vor einer neuen Bedrohung

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Das vergangene Jahr war, was die Bedrohung der USA durch terroristische Anschläge betrifft, möglicherweise "das gefährlichste seit 9/11", berichtet die Los Angeles Times heute. Der Bericht, der an frühere Meldungen aus Zeiten von Präsident Bush erinnert, stützt seine Einschätzung vornehmlich auf Expertenmeinungen verschiedener US-Think Tanks, die eine Aussage der Homeland-Security-Ministerin Janet Napolitano interpretieren. Diese hatte vergangene Woche bei einer Rede vor der America-Israel Friendship League in New York erklärt, "dass sich Anhänger von al-Qaida in den USA aufhalten und Ziele hier und in anderen Ländern angreifen wollen". Eine Reihe von Verdächtigen, die man kürzlich verhaftet habe, würden nahelegen, dass man sich keinesfalls in Sicherheit wiegen dürfe, selbst wenn man den Terrorismus außerhlab der USA bekämpfen würde:

The fact is that home-based terrorism is here. And like violent extremism abroad, it is now part of the threat picture that we must confront.

Die Betreiber des privaten Homeland-Security-Blogs atmeten spürbar auf und freuten sich über das "starke Statement", das ihre seit langem schon geäußerten Einsichten bestätigen würde. Der Bericht der Los Angeles Times schließt daran an und konstatiert einen Trend: Regierungsvertreter, die mit Anti-Terror-Maßnahmen befasst seien sowie Experten würden auf "Anzeichen einer beschleunigten Radikalisierung unter manchen amerikanischen Muslimen hinweisen". Genährt würde dieser Trend durch das Internet - "Online-Propaganda" - und den Einfluss von ausländischen Netzwerken.

Als Fakten zählt man Verhaftungen auf, die der Chefauswerter der Abteilung Intelligence bei der New Yorker Polizei, Mitchell Silber, vor einem Kongressausschuss genannt hatte, "ein halbes Dutzend, Fälle von Individuen, die sich dazu entschieden hatten, Anschläge statt im Ausland innerhalb der Landesgrenzen zu versuchen". Ein Phänomen, das wesentlich umfangreicher sei, als man dies in der Vergangenheit beobachtet habe, möglicherweise spiegele das ein neu aufkommendes Muster wieder. Gewiss sei, dass sich in den Vereinigten Staaten eine Radikalisierung ereigne. Entsprechende Warnungen Mitchells stehen in Zusammenhang mit dem Massaker des Armeepsychiaters Nidal Hassan in der Militärbasis Fort Hood Anfang November. Dabei kamen 12 Menschen ums Leben.

Verbindungen Nidal Hassans zu islamistischen Kreisen, seine Haltung zu den Kriegen in Afghanistan und im Irak, sowie sein Bekenntnis "er sei in erster Linie Muslim" hatten in der amerikanischen Öffentlichkeit zu Diskussion und Spekulationen darüber geführt, dass sich, wie es stellvertretend das Time-Magazin in der Ausgabe vom 23. November formulierte, das "Gesicht des Terrorismus" verändert habe: "Möglicherweise ist Hasan das neue Terroristen-Template, das psychische Schäden mit der Ideologie des Dschihad vermischt".

Während sich der frühere Homeland-Security-Chef Chertoff auffallend stark an solchen Debatten beteiligt - und auch prominent im Los-Angeles Times-Artikel mit seiner warnenden Einschätzung zitiert wird (was den Eindruck einer gewissen Kontinuität zu Zeiten Bushs bestätigt), zeigt sich bei allem Hang zur scharfen Überzeichnung doch ein kleiner Unterschied. Es werden (vorläufig?) keine neuen Überwachungstechniken und -maßnahmen angekündigt. In der LA-Times ist lediglich die Rede davon, dass man bessere Narrative finden müsse, die man der Propaganda der Radikalisierer entgegensetzen müsse.