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Außer Kontrolle

Aus der Reihe "Spaß mit dem Amt" heute: Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Oder: Wenigstens muss man nicht sein Geburtsdatum nennen

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Es gibt Dinge, die mich persönlich laut auflachen lassen, aber manchmal auch ärgern. Dazu gehört z.B. die Idee, dass jegliche Anfrage an Ämter, egal welch banaler Art, noch immer mit der Aufforderung, seinen Namen und Adresse anzugeben, beantwortet wird. Ich vertrete die Meinung, dass jeder das Recht hat, sich nach bestimmten Dingen zu erkundigen, und das Amt diese Auskünfte geben sollte. Hier geht es nicht um personenbezogene Auskünfte, sondern eher um Allgemeines wie z.B. die Frage nach Öffnungszeiten oder aber, wie im vorliegenden Fall, die Frage nach der Herkunft der Codenummern bei der Neuberechnung der ALG II-Regelsätze.

Der Referentenentwurf spricht immer wieder von bestimmten Codenummern, die angegeben sind. Nun gibt es aber derzeit Ungereimtheiten, was die Codenummern angeht - diese beziffern z.B. die beim Statistischen Bundesamt vorliegenden Zahlen hinsichtlich der einzelnen Posten. Wer also sich die Mühe machen will, die neuen Regelsätze nachzuvollziehen, der muss zwangsläufig auch wissen, was diese Codenummern bedeuten und muss sie mit denen des Statistischen Bundesamtes vergleichen, um zu sehen, ob diese übereinstimmen.

Aus diesem Grunde sandte ich eine entsprechende Anfrage an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, stellte mich kurz als Journalistin vor, ergänzte, für wen ich vornehmlich arbeite, und bat dann um Hilfe bezüglich der Codenummern.

Daher würde ich mich freuen, wenn Sie mir mitteilen könnten, worauf sich die Codenummern im Referentenentwurf zu den neuen ALG II-Sätzen beziehen, z.B. die Ziffer 1050 900, und wo ich diese Ziffern nachlesen kann.

Für mich ist dies eine einfache Anfrage, die letztendlich jeden interessieren könnte. Zudem ist mein Name ja in der Mail enthalten - das sollte reichen. Aber weit gefehlt, neben dem ewig langen Wust aus den Gesamtinformationen zu Öffnungszeiten, Infotelefon und dessen Kosten (14-42 Cent pro Minute) sowie den üblichen, unsinnigen Disclaimern -

Die Information in dieser E-Mail ist vertraulich und exklusiv für den/die Adressaten bestimmt. Weiterleitung oder Kopieren, auch auszugsweise, darf nur mit ausdrücklicher schriftlicher Einwilligung des Absenders erfolgen. In jedem Fall ist sicherzustellen, dass keinerlei inhaltliche Veränderungen erfolgen. Der Absender ist von der Richtigkeit dieser Mail zum Zeitpunkt ihrer Erstellung überzeugt. Er übernimmt jedoch keine Haftung für ihre Richtigkeit. Wenn Sie nicht der richtige Adressat sind oder diese E-Mail irrtümlich erhalten haben, informieren Sie bitte sofort den Absender und vernichten Sie diese E-Mail.

- in Deutsch und Englisch, bestand die Antwort aus der simplen Information, dass meine Anfrage weitergeleitet wurde und meine postalische Adresse benötigt würde.

vielen Dank für Ihre Zuschrift, die ich gern an die zuständige Fachabteilung weiterleiten möchte.

Um Ihnen baldmöglichst die gewünschte Antwort zukommen lassen zu können, benötige ich jedoch Ihre postalische Anschrift. Bitte ergänzen Sie daher den Vorgang mit Ihren Absenderangaben und senden ihn erneut komplett ab.

Dieses Schreiben ist im Auftrag und mit Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durch das Kommunikationscenter erstellt worden und dient Ihrer Information.

Zum einen stellt sich mir die Frage, wieso man für die Zusendung eines PDF (die entsprechenden Informationen des Statistischen Bundesamt sind als PDF verfügbar) meine postalische Adresse benötigt, zum anderen lässt einen die Formulierung irgendwie leicht irritiert aufschauen. Der gesamte Vorgang noch einmal? Was ist damit gemeint? Soll ich jetzt in der Antwortmail meine Adresse eintragen oder die Ursprungsmail noch einmal samt Adresse senden? Da das BMAS, wie die meisten Ämter, nicht zitiert, sondern seine Antwort oberhalb der Ursprungsemail anhängt, ist insofern auch nicht klar, ob es ausreicht, oben die Adresse zu ergänzen.

Das BMAS ist da nur ein Beispiel von vielen - da werden zwar ewig lange Disclaimer angehängt, die gerade in Bezug auf die Vertraulichkeit einer Email sehr unsinnig sind, andererseits aber sind die eigentlichen Antworten eher verwirrend und noch immer herrscht anscheinend die Unsitte, neben den notwendigen Informationen über Anfragende gleich auch noch, überspitzt gesagt, jede Menge Datenmaterial einzuholen. Einsamer Spitzenreiter war ein Amt vor vier Jahren, welches nicht nur meine Adresse, sondern auch noch Informationen darüber, wie lange ich schon für Telepolis tätig bin, wen man dort nach Referenzen fragen könne sowie mein Geburtsdatum haben wollte. Wenn es sich um allgemeine Informationen handelt, dann erschließt sich mir persönlich nicht, wieso es überhaupt notwendig ist, sich über den Anfragenden zu informieren - warum sollte nicht auch Williwipp@xyz.com wissen wollen, worauf sich die Codierungszahlen beziehen und warum sollte man ihm diese Auskunft nicht geben?

In Zeiten der "Bürgerfreundlichkeit" und der "interaktiven Informationsportale" empfinde ich die Antworten vieler Ämter weiterhin als Ärgernis und hoffe immer noch auf eine Änderung, auch was den Ton bzw. die Formulierungen angeht.